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(c) Pester Lloyd / 44 - 2016    NACHRICHTEN     30.10.2016

"Bringe die EU vor Gericht!": Orbán will mal wieder Europa verklagen

Ungarns Premier verfängt sich bei seinem anhaltenden Befreiungs- und Unabhängigkeitskampf gegen Brüssel immer wieder in Widersprüche. Jetzt musste er eine neue Front bespielen: Italien. Dass seine ganze Rhetorik nur dazu dient, ein längst totgequatschtes Thema krampfhaft am Leben und seine Wahlschafe auf Linie zu halten, ist dabei zwar deutlich, tut dem immer absurderen, verbalen Feldzug Orbáns aber keinen Abbruch.

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Orbán droht damit, die EU zu verklagen, wenn sie an der Flüchtlingsquote festhält und womöglich dem
italienischen Druck nachgibt, das sein Veto gegen den kommenden EU-Haushalt einlegen will, wenn Ungarn bei der Flüchtlingspolitik nicht mitzieht. Es sei nicht hinzunehmen, dass die EU die "verbindliche Quote" auf der Agenda belässt, obwohl "wir ständig dagegen unser Veto einlegen". Orbán verlangte im Kossuth Radio am Freitag weiterhin, dass die slowakische Ratspräsidentschaft bis Dezember einen neuen Vorschlag, auf Freiwilligkeit beruhend, vorlegt.

Orbáns neuesten verbalen "Freiheitskampf" muss man etwas sortieren: Zunächst haben Ungarn und die Slowakei bereits beim Europäischen Gerichtshof gegen die Quote geklagt, weil sie nationale Kompetenzen übergehen würde. Eine Klage, die sich für die Richter als schwierig zu bearbeiten herausstellt, gibt es ja bis heute keinen Beschluss, den man anfechten, beurteilen oder kippen könnte. Desweiteren ist Orbáns Aussage über die "ständigen Vetos" falsch, denn er hat,
wie EU-Ratspräsident Tusk in einem Brief festhält, bis kürzlich sämtliche Protokolle der EU-Ratssitzungen einspruchslos abgezeichnet, in denen die Quote angesprochen wurde.

Es handelt es sich also bei Orbáns Drohung wieder nur um eine populistische Polterei ohne Substanz bzw. mit innenpolitischer Zielsetzung: "Wir werden die EU-Komission vor Gericht bringen, das wird eine riesige Schlacht", so Orbán wörtlich, der dann hinzufügte, worum es ihm eigentlich geht, "wofür die Verfassungsänderung" brauchen, die damit zu einer "nationalen Angelegenheit" wird. Er werde "die neue Politik, die ich begonnen habe und die von den allgemein üblichen Normen in Brüssel abweicht", "nötigenfalls auch vor Gericht verteidigen".

Italien werde, so Orbán, nicht von Ungarn allein gelassen, sondern von der EU insgesamt, die nämlich nichts dafür tue, die Grenzen zu schließen, aber alles, um "den Einwanderungsprozess akzeptabel zu gestalten". Ungarn habe bereits fast eine halbe Milliarden Euro für den Grenzschutz ausgegeben und werde sich "daher den Vorwurf nicht länger gefallen lassen, dass wir nicht solidarisch handeln."

Natürlich ist Orbáns aggressive Reaktion auf die italienischen Vorwürfe auch mit der Angst ums liebe Geld zu begründen. Von den EU-Milliarden hängt nicht nur seine Volkswirtschaft, sondern auch seine Günstlingswirtschaft ab. Ohnehin hat Brüssel derzeit ein genaueres Auge auf den Umgang Ungarns mit den EU-Mitteln, sogar Sperrungen stehen im Raum, zumindest wird es
bald eine klare Warnung geben. Ein gänzliches Ausbleiben oder nur längeres Verzögern durch einen verspäteten Haushalt würde Orbán um eine Machtsäule ärmer machen.

 

Um seine Verfassungsänderung (hier im Wortlaut, hier zur Bewertung, hier zur Debatte darüber) durchzubringen, braucht Orbán bekanntlich einige Stimmen aus dem Oppositionslager. Die neonazistische Jobbik ist dazu bereit, verlangt aber ultimativ eine Gegenleistung. Orbán gibt dabei nach, natürlich nicht mit dem Eingeständnis, dass er politisch erpressbar wäre. Die von Jobbik geforderte Abschaffung des windigen und gegen EU-Recht verstoßenden Modells  "Aufenthalt gegen Staatsanleihen" werde eingestellt oder modifiziert, nicht etwa, weil Jobbik das will, sondern weil Ungarn die Gelder daraus nicht mehr für die Schuldenfinanzierung nötig habe. Die Wirtschaftslage, die Ratings, die Refinanzierungslage, alles sei so günstig, dass man darauf verzichten könne. Trotzig warnte er Jobbik davor, "nicht den Willen von 3,3 Millionen Ungarn zu ignorieren" (so viele von knapp 8 Millionen Wahlberechtigten, hatte bei dem ungültigen Referendum für Orbáns Antwortoption gestimmt).

red.

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