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(c) Pester Lloyd / 44 - 2016    WIRTSCHAFT     31.10.2016

Steuern 2017 für Ungarn: Kiva, Kata, VAT, Startups und ein Hochzeitsgeschenk

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Der ungarische Wirtschafts- und Finanzminister, Mihály Varga, hat das Steuerpaket für 2017 vorgelegt. Die Änderungen umfassen in Summe 19 Gesetze und sind auf über 200 Seiten dargelegt. Das Parlament soll darüber bis Mitte November entscheiden. Epochales ist nicht dabei, vor allem der groß angekündigte Deal, mit dem die Lohnnebenkosten im Tausch für Gehaltserhöhungen gesenkt werden sollten, lässt auf sich warten. Auch an der Asozialität des Steuersystems ändert sich nichts.

Die wichtigsten Änderungen sind:

> Die Steuerbasis für das vor allem für Kleinstunternehmen geschaffene, vor allem aber von ICH AG´s und Scheinselbständige genutzte Pauschalbesteuerungssystem KATA (früher ÉVA) wird ab 2017 von derzeit 6 Millionen Forint auf 12 Millionen Forint verdoppelt. 160.000 Unternehmen (meist Einzelpersonen) nutzen bisher diese Möglichkeit mit einer pauschalen Abgeltunsgzahlung von monatlich 50.000 Forint pro "angemeldetem, hauptberuflichem Unternehmer. Diese Zahlung deckt ab: Körperschaftsteuer, Einkommenssteuer, Sozialabgaben, Gesundheitspauschale, Dividendensteuer und die Berufsbildungsabgabe.

> Auch die Steuerbasis für die vereinfachte Unternehmensbesteuerung KIVA für kleine bis mittelständische Unternehmen mit bis zu 25 Mitartbeitern wird verdoppelt. Bisher gilt unter diesem Modell für Unternehmen bis 500 Millionen Forint Jahresumsatz ein Unternehmenssteuersatz von 16%  auf das Betriebsergebnis, erhöht um die Personalausgaben, womit Körperschaftsteuer, Sozialbeitragssteuer und die Berufsbildungsabgaben abgegolten sind. Der maximal zulässige Jahresumsatz für dieses Steuermodell wird auf 1 Milliarde Forint (ca. 3,2 Mio. EUR) angehoben. Für Unternehmen die neu bei KIVA einsteigen wollen, gilt zunächst jedoch weiterhin die 500 Mio.-Grenze, erst im darauffolgenden Steuerjahr gilt auch hier die Verdopplung.

> Unternehmen und Personen können sich von der Mehrwertsteuerberechnung bei der Rechnungslegung befreien lassen, wenn die Einnahmen 6 Millionen Forint pro Jahr nicht überschreiten, d.h. sie führen keine VAT ab, können allerdings auch keine gegenrechnen. Die Basis für diese Befreiung wird ab 2017 auf 8 Millionen angehoben und soll Kleinverdiener sowie die Steuerbehörde von administrativen Bürden befreien.

> Die Steuer auf Tabakprodukte wird zum Jahresende um rund 30% angehoben. Sie beträgt ab 2017 16.200 Forint pro 1.000 Zigaretten und 25% des Einzelhandelspreises, wenigstens jedoch 28.800 Forint (derzeit 15.700 bzw. 28.400). Bei Zigarren und Zigarillos beträgt die Steuerquote 14% des Einzelhandelspreises, mindestens 4.120 Forint pro 1.000 Einheiten. Schnitttabal wird mit 16.200 Forint pro Kilogramm, bisher 15.100 Forint besteuert.

> Für Erstverheiratete gibt es ab 2017 ein Hochzeitsgeschenk: 5.000 Forint (16.- EUR) pro Monat für zwei Jahre, die nicht auf den Bezug anderer Leistung (z.B. für Kinder) angerechnet werden.

> Abgeschafft wird die Gesundheitsabgabe von 6 Prozentpunkten auf Kapitaleinkommen, in dem man die Steuer auf Dividenden, Zinsen etc. von 21 auf 15% absenkt.

> Das bisherige fünfstufige Einkommenssteuersystem (6%, 14%, 15%, 20%, 27%) auf verschiedene Einkommenstypen wird auf zwei Steuersätze, 14% und 27% geändert.

> Investoren in Startups können ihre Investitionen bis zu einer Gesamtsumme von 60 Milliarden Forint über drei Jahre (je maximal 20 Milliarden Forint) steuerlich geltend machen, sprich ihre Steuerbasis entsprechend reduzieren. An dieser sich schlüssig und zukunftsorientiert anhörenden Maßnahmen, entzündete sich umgehend hitziger Streit, behält sich die Regierung nämlich vor, selbst zu entscheiden, welche Unternehmen als "Start ups" qualifiziert werden, was sofort den Verdacht der Begünstigung von Unternehmen aus dem Fidesz-Umfeld nährte.

Was gänzlich fehlt, ist die groß angekündigte Reduzierung der Lohnnebenkosten im Tausch für Lohnerhöhungen für die Angestellten. Eine Idee, die den mittlerweile an einigen Stellen akut gewordenen Fachkräftemangel durch Abwanderung eindämmen sollte.
Mehr dazu hier. Minister Varga teilte der Regierungszeitung "Magyar Idők" mit, dass das Modell in Planung sei, man aber vor einem Gesetzesentwurf zunächst noch Berechnungen anstellen müsse und Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter konsultieren wolle. Knackpunkt dürfte hier nicht nur die Kontrolle sein, sondern auch der reale Einnahmenverlust für den Staatshaushalt.

 

Ebenfalls abgesagt ist der seit Jahren angekündigte einstellige Einkommenssteuersatz, als Belohnung für das Ertragen von zwei Dutzend Erhöhungen oder Neueinführungen von Verbrauchssteuern. Die Modifikationen von 2017 ändern rein gar nichts an der sozialen Unausgewogenheit des ständestaatlichen Steuersystems, das die "Orbánomics" seit 2010 vorantreiben und die sich - gezielt - in einer massiven Ungleichbelastung des lebensnotwendigen Teils des Einkommens und einer stetig wachsenden Einkommensschere manifestiert. Die Ursünde hier war die Einführung eines niedrigen Einkommenssteuersatzes, jedoch bei gleichzeitiger Abschaffung der Freibeträge für Geringverdiener und Anhebung von zwei Dutzend Verbrauchssteuern. Rund 40% der Menschen werden so an oder unter der Armutsgrenze gehalten. Mehr dazu in "Elend mit System."

Bereits vor einigen Wochen wurde zudem im Eilverfahren beschlossen, dass
steuerlich absetzbare Spenden anonymisiert werden.

red.

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