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(c) Pester Lloyd / 45 - 2016    WIRTSCHAFT     07.11.2016

Ärger im Paradies: Bürgerproteste gegen Orbáns Bimmelbahn, Gerichtsurteil zu Fußball-Finanzierung

Proteste von Einwohnern der Gemeinde Etyek im Komitat Fejér haben Pläne für eine Ausweitung der Strecke der von der EU kofinanzierten Schmalspureisenbahn, die aus Orbáns Heimatort Felcsút über Etyek bis nach Bicske führen soll, zunächst zum Stehen gebracht. Ein Gericht will außerdem wissen, wer die "Spender" von rund 275 Millionen Euro für Fußballvereine sind.

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Das Prestigeprojekt von Premier Orbán, an dessen Errichtung auch sein Freund und Kupferstecher Lörinc Mészáros (auf dem Foto links) wieder den einen oder anderen Forint mitverdient, kostete auf seinen bisherigen 5,7 Kilometern fast 3 Millionen Euro und umfasst lediglich drei Haltestellen, eine in Felcsút, eine an Orbáns Fußballstadion und Wohnsitz, der Pancho Arena sowie eine in Alcsútdoboz, wo Orbáns Eltern und weitere Verwandte leben. Entlang der Strecke stehen keine Sehens-, dafür Merkwürdigkeiten, u.a. diverse Hotel- und Gästehausprojekte aus Orbáns familiärem und Business-Umfeld.

Der geplante Ausbau nach Bicske über Etyek würde weitere rund 25 Millionen Euro kosten. War die erste Teilstrecke noch teilweise EU finanziert, sieht es so aus, dass der weitere Ausbau von Brüssel ignoriert wird. Derzeit läuft eine Untersuchung in Brüssel, inwiefern die Projektbeschreibung von der Förderung des Tourismus durch die Bimmelbahn mit der Umsetzung übereinstimmt. Sogar eine Rückzahlung der rund 1 Million Fördergelder steht im Raum.

Das bisherige Streckenangebot, das sozusagen von "Nirgendwo nach Nirgendwo" führt, wird von durchschnittlich 30 Personen täglich genutzt, im Finanzierungsantrag wurde mit 2.560 Reisenden pro Tag gerechnet. Auch die Prognosen für den Ausbau lassen weitere gähnende Leere in den Waggons erwarten. Nach einer Studie der Firma Specialterv Kft. reisen derzeit ohnehin nur rund 80 Menschen täglich zwischen Etyek und Bicske, ganze 30 zwischen Etyek und Alcsút und ganze 1.500 zwischen Etyek und Budapest. Die Machbarkeitsstudie errechnete daraus ein jährliches Defizit von mindestens 100.000 Euro jährlich.

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Die Etyeker wehrten sich nun dagegen, dass die Streckenführung nahe an ihren Häusern geplant wird und Schienen und Bahnstrecke sogar auf Feldern und andere Privatgrundstücken errichtet werden sollten. Ein Regierungsbeauftragter drohte den Bürgern nun, man werde das Projekt mit dem Label "nationale Priorität" belegen und umsetzen, wenn die Einwohner nicht eine eigene Studie mit einer Alternativroute finanzieren. Auch die Gemeinde Lovasberény, sowie umliegende Gemeinden wie Arboretum, Vértesacsa sind bereits in Ausbauplanungen aufgetaucht. Die Bürgermeister, sämtlich Fidesz-abhängig, stehen vor einem Dilemma: stellen sie sich gegen die Pläne, die sie als Gemeinden mitfinanzieren sollen, gibt es Ärger mit dem Großen Vorsitzenden. Ziehen sie die Pläne durch, verscherzen sie es sich mit ihren Wählern.

Die Felcsúter Eisenbahn ist, wenn auch nur die absurd-infantile Spitze des kleptokratischen Eisbergs, emblematisch für die spießige wie freche Abgehobenheit der Orbán-Truppe und spiegelt deren Gebahren, Ungarn als ihr Eigentum zu betrachten auf lokaler Ebene wieder. Es ist sozusagen die Fortsetzung des Felcsúter Fußballstadions "Pancho Arena" auf Schienen. Denn die Pancho-Arena (3.600 Plätze für 1.800 Einwohner) ist ebenso öffentlich (z.B. durch eine Sondersteuer) finanziert und nicht zu einem Viertel ausgelastet, trotz tausender Freikarten.

Auch die Finanzierung der Pancho Arena sowie der von Orbán gegründeten und ovn seinem Gutsverwalter präsidierten Puskás-Fußballakademie wird nun bald durchleuchtet, wenn der Regierung nicht noch etwas Kreatives einfällt. Denn das Bezirksgericht in Székesfehérvár hat in einem Urteil in der Vorwoche festgestellt, dass die Sondersteuerabgabe TAO für "besonders beliebte Sportarten", von der vor allem der FC Felcsút sowie weitere von Fidesz-Leuten geführte Fußballklubs profitierten, "öffentliche Gelder" darstellen, deren Quellen offengelegt gehören.

Die Regierung sieht das anders, Orbán mischte sich sogar persönlich ein und befand es eine Unverschämtheit, dass ein Gericht verlangt, die Namen von "Spendern" offenzulegen, braven ungarischen Unternehmen, die von ihren selbst erwirtschafteten Gewinnen einen Teil für "gemeinnützige Zwecke" abführten, also spendeten. Das Gericht meint hingegen, das sei zwar schön und gut, da diese Unternehmer aber ihre Steuerbasis um den gespendeten Betrag senken dürften, handelt es sich um öffentliche Gelder, die lediglich vorgewidmet wurden, daher muss die Liste der Spender, die die Vereine seit Jahren permanent geheim halten, publiziert werden.

Fidesz hatte kürzlich ein Gesetz im Eilverfahren erstellt, dass die 1%-Steuerspenden anonymisiert, es dürfte ein Leichtes und nur eine Formsache sein, auch die TAO in dieses Gesetz einzubinden. Vorerst hat jedoch das Gerichtsurteil Bestand. Es geht dabei nicht um Peanuts, zwischen 2011 und 2014 sind rund 275 Millionen Euro über die TAO geflossen.

 

In Felcsút, wo sich der Große Vorstizende gerne in ländlichen Homestories zeigt, gehört Familie Orbán und jener des Bürgermeisters Mészáros (bekannt jetzt auch als Népszabadság-Käufer) sowie zwei weiteren, befreundeten Strohmann-Familien praktisch alles, Ländereien, weiter als das Auge reicht, Fußballstadion und -akademie, Eisenbahn, Baubetriebe, neueste Rinderzuchtanlagen und Molkereien, Waldgrundstücke, ja sogar die örtliche Pizzeria und das Gebäude der Ortsverwaltung. Weiterhin ein historischer Landsitz eines Mitglieds der österreichischen Monarchie sowie nun auch etliche Hotels bis zum Balaton.

Höhepunkt des Projektes Welthauptstadt Felcsút war die Erteilung der Genehmigung für einen internationalen Airport.
Mehr dazu und weitere Links hier.

Traurige Berümtheit und Quelle für Verschwörungstheorien erlangte der Ortsteil Felcsútdoboz als dort auf mysteriöse Weise der Oppositionskandidat nur
Stunden vor den Wahlen 2014 zu Tode kam.

red.

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