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(c) Pester Lloyd / 52 - 2016    GESELLSCHAFT     29.12.2016

Alle Jahre wieder: Tausende bei Armenspeisung in Budapest, Verachtung als Nachschlag

Bis zu acht Stunden standen Bedürftige in Budapest Schlange, um zu Weihnachten ein warmes Essen in Empfang nehmen zu können. Nicht von christlich Nächstenliebenden, von Krishnas und anderen Menschen mit Herz. 1.600 Menschen wurden an nur einem Tag verköstigt und als Nachschlag durften sie sich von einem regierungsnahen Schreiberling verhöhnen lassen. Der sprach aber nur aus, was längst gelebte Politik in Ungarn ist.

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In einer Reportage für das unabhängige Online-Portal www.24.hu (Fotos von ebenda) berichtet ein Journalist, dass sich die ersten Menschen bereits um drei Uhr der "Heiligen" Nacht am Blaha Lujza Platz versammelten, dort wo jedes Jahr die Stiftung "Étel az Életért" (Essen zum Leben), eine Organisation der ungarischen Hare Krishna, einen veganen Gulasch, in diesem Jahr mit Sauerkraut, einen Pudding, Brot, Tee, eine Süßigkeit für die vielen Kinder und einige Lebensmittel zum Mitnehmen verteilt.

Trotz der Kälte harrten bereits um 8 Uhr morgens Hunderte aus, um ab 11 Uhr die milden Gaben zu erhalten, insgesamt waren es 1.600 Menschen, die von den Krishnas an nur einem Tag versorgt wurden, die wiederum auch von lokalen Produzenten, Händlern und anderen Zivilorganisationen unterstützt und mit Lebensmitteln bestückt wurden. Am 26. Dezember dann das gleiche Bild.

Vom Staat oder der Stadt Budapest hatte man wieder nicht viel zu erwarten. Die amtlichen Hilfsgelder werden ausschließlich an christlich-konfessionelle Hilfsorganisationen vergeben oder an NGO´s, in denen "Bekannte" von Amtsträgern das Sagen haben. Der "Sekte" der Krishnas hat man mehrfach die Standorte für ihre Hilfsstände streitig gemacht, obwohl - oder wohl gerade weil - sie so viel Zulauf haben. Hier wird nämlich niemand registriert, befragt oder belehrt - oder gar abgewiesen, wie in staatlichen Behörden, sogar vor Krankenhäusern.

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Armut ist kein Problem in Ungarn - behauptet die Regierung. Die Kinderarmut ist laut Orbán "praktisch abgeschafft", nachdem man ein schulisches Essensprogramm eingeführt hatte, bei dem die Kinder zwischen Schulspeisung und Sozialhilfe für ihre Eltern wählen müssen. Armut überhaupt sei eine Chimäre der Linken, eine Sau, die sie durchs Dorf treiben, um Ungarn und seine volksnahe Regierung zu diskreditieren - im Auftrag fremder Mächte, versteht sich.

Die Zahlen von UNICEF, die Ungarn
die höchste Wachstumrate bei der Kinderarmut in Europa bestätigen, Eurostat, das nur noch drei ärmere Länder in der EU kennt - alles Lügner, Erfüllungsgehilfen einer neuen Weltordnung, maximal Missverständnisse.

Doch selbst die
eigenen, geschönten Statistiken werden durch Fälschung nicht viel besser, kein Wunder, steckt doch System hinter der Verelendung. Daran ändern auch die mit Pauken und Trompeten angekündigten Mindestlohnanhebungen nichts, zumal gleichzeitig die Lebenshaltungskosten steigen und die Schere zu den Kommunal-1-Forint-Jobbern um weitere 45% ansteigt - die sind nämlich vom "gesetzlichen" Mindestlohn ausgenommen.

53.000 Forint netto für Langzeitarbeitslose, 171 Euro also für Hunderttausende, Renten, die häufig nicht mehr als die Wohnnebenkosten decken, im Schnitt sind es 320.- EUR in Ungarn. Plus einmalig 32.- EUR als "Voucher", praktisch Lebensmittelmarken, die Orbán mit einem Brief und "Dank für die jahrzehntelange, aufopferungsvolle Arbeit für das Wohl Ungarns" an alle Rentner zustellen ließ. Diese Rentner, Arbeitslose und Zigtausende, die ganz durchs Raster fallen, weil sie die "Kriterien der Arbeitsgesellschaft" nicht erfüllen - oder jede Hoffnung haben fahren lassen. Das ist die Kundschaft am Blaha lujza tér am 25. Dezember 2016.

 

Ein einflussreicher Hofschreiber Orbáns attackierte gestern die Helfenden wie die Bedürftigen. Sie würden sich zur Schau stellen, im Dienste von "Liberalen", die es auf die 1% spendenfähigen Anteils an der Einkommenssteuer abgsehen hätten. Auf dem regierungsnahen Blog http://mozgasterblog.hu/ amüsiert sich der Berufszyniker Zoltán Kiszelly über die "Sozis und Liberalen", die es 25 Jahre lang versäumt hätten, den Ärmsten und den Roma zu helfen, dafür aber schlaue Konferenzen abhielten. Das sagt der "Politologe" Kiszelly, der als Mitarbeiter der Századvég-Stiftung zu den übelsten Schmarotzern an ungarischem Steuergeld zählt und sogar persönlich Millionenrechnungen für wertloses Kopierpapier, die er als Studien bezeichnet, einreichte. Die Bettler sollten arbeiten gehen, meint Kiszelly weiter, der Markt würde den Rest schon richten.

Das ist Regierungslinie. Armut, ja das sei eine Art Lifestyle,
befand ein Politiker der mitregierenden "Christdemokraten" einmal und verhinderte ein Gesetz, das effektiv Kinderarmut bekämpfen sollte. Stattdessen solle man die "Mittelklasse" sponsern, das bekämpfe die Armut wirklich...
 
red.

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