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(c) Pester Lloyd / 09 - 2017    WIRTSCHAFT      28.02.2017

Im Schatten der Fidesz-Finanz: Banken in Ungarn machen wieder Gewinne

Nach jahrelangen Verlusten, konnte der ungarische Bankensektor 2016 erstmals wieder einen nennenswerten Profit vermelden. Mehr als die Hälfte des Finanzsektors ist mittlerweile staatlich oder von Orbáns Parteigünstlingen kontrolliert. Für kleine und mittlere Unternehmen ist es fast unmöglich, vernünftige Kredite zu bekommen, wenn man nicht entsprechende Verbindungen hat.

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111 Banken haben in Ungarn eine Lizenz, 55% davon sind in "heimischem Besitz", heißt es bei der Nationalbank. Von diesen haben 76 2016 einen Gewinn vor Steuern von 527,2 Milliarden Forint vermeldet, 35 machten Verluste von zusammen 17 Milliarden Forint. Der Gewinn nach Steuern betrug 456,2 Milliarden Forint, rund 1,5 Milliarden Forint, was einen gigantischen Sprung bedeutet, verglichen mit dem Verlust der Branche von 29 Milliarden Forint 2015. Die Eigenkaptialrendite erreichte 2016 beachtliche 14,5%.

Das für die Branche in Summe positiv klingende Ergebnis ist erklärungsbedürftig und hat mehrere Haken. Zum Einen fußt das miese Ergebnis von 2015 im Wesentlichen auf den Kosten des
Zwangsumtausches von Forex-Krediten, in dessen Folge sich die Institute auch gleich eines großen Teils ihrer noch aus der Finanzkrise anhaftenden faulen Kredite entledigten. Die Quote der NPL (Non performing loans) sank auf 6,4% (12,8% bei Privatkrediten, 5,4% bei gewerblichen) von noch um die 20% wenige Jahre zuvor.

Das kostete 2015 eine Menge Geld, denn mit der Umwandlung gingen Abschläge von rund 20% der Kreditsummen einher, außerdem mussten
Milliarden an Gebühren an die Kunden zurückgezahlt werden. Nicht wenig davon holte man sich 2016 von den Kunden - auf die eine oder andere Weise - wieder zurück, der Erfindungsreichtum, nicht nur der ungarischen Banken ist dabei bekanntlich endlos. Auch das Quaestor-Abenteuer der Fidesz-Nomenklatura kostete die Banken 2015 eine hübsche Stange Geld. 2016 kam positiv hinzu, dass die Regierung die Bankensondersteuern (vor allem die Transaktionssteuer, die so "nur" noch am Bürger hängen blieb) leicht - im Verhältnis zur Kreditvergabe - absenkte und die Konjunktur, aufgrund des EU-Inputs und günstiger Weltkonjunktur - hilfreich mitarbeitete.

Die Banken in Ungarn reduzieren - trotz der scheinbar guten Entwicklungen - ihre Geschäftsfelder auf das Notwendigste. Das ist unter anderem am Einbruch der Einnahmen aus Provisionen erkennbar, die um 75% von 478 auf 118 Mrd. Forint zurück gingen. Kaufte man früher Aktien, Fondsanteile und andere Spekulationstitel, legen die Banken ihr Geld heute vor allem in Forint-Staatsanleihen an, - auf Wunsch der Nationalbank, die dabei permanent mit einer erneuten Anhebung der Sondersteuern droht. Machten Forint-Staatsanleihen in früheren Jahren kaum mehr als 10% am gesamten Anlageportfolio aus, liegt dieser Anteil heute bei 22,3%. Das sind Gelder, die dann eben nicht mehr in neue Unternehmen an der Budapester Börse oder für die Kapitalisierung von Firmen verwendet werden, um sich nicht mit dem Staat anzulegen.

Auch stieg das Kapital der Banken um 4% auf 34.185 Mrd. Forint, was aus Stresstest-Argumenten gar nicht nötig war, ein weiterer Hinweis auf defensives Wirtschaften. Das Netto-Kreditvolumen stieg zwar um 13,4% auf 16.700 Mrd. Forint, der Anstieg ist aber nur auf die schwachen Basiswerte 2015 zurückzuführen, die Kreditvergaben, vor allem im Bereich Eigenheime und gewerblicher Kredite verharren auf einem Tiefpunkt, was nicht nur mit der allgemeinen Schwäche der KMU zu tun hat, sondern vor allem mit dem Markt der "Schattenbanken".

 

Wer heute in Ungarn als kleines Unternehmen einen Kredit braucht, um z.B. die Kofinanzierung von EU-Projekten zu bewerkstelligen (was die fast einzige Quelle von Investitionen darstellt) und diesen nicht über "Westkontakte" bekommen kann, erhält diesen praktisch nur noch über die Vermittlung von Fidesz-Parteifreunden. Ob Marktführer OTP, besonders aber die staatliche Eximbank, die rückprivatisierte MKB, - Kredite werden hier nach politischer Gefälligkeit und Kick-Back-Rendite vergeben, oft auf Risiko der Steuerzahler.

Analysten sehen die Gewinnmeldung der Nationalbank MNB daher sehr nüchtern, das niedrige Zinsumfeld und das protektionistische Gebaren der Machthaber rückt die Banken in eine defensive Position. Daher geht man davon aus, dass die Eigenkapitalrendite 2017 nicht über 8% springen wird, 2018 könnte sogar noch schlechter werden.

red.


46pllogo (Andere)
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