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(c) Pester Lloyd / 09 - 2018      POLITIK       02.03.2018


Warnschuss: Ungarns Regierungspartei zeigt erste Anzeichen von Panik

Die schallende Ohrfeige von Hódmezovásárhely zwingt Orbán zu einem Kurswechsel. Aber er kann nur einen Etikettenwechsel anbieten, denn er hat dem Volk außer Hass nichts zu bieten, er steht nackt vor den Ungarn, die ihn ihm langsam erkennen, was er ist: ein diebischer Scharlatan, der unter pathologischer Großmannssucht leidet. Ein schmieriger Mafia-Boss. Er kann nur hoffen, dass sein Apparat bis zu den Wahlen spurt, sonst dräut Ungarn ein rumänischer Dezember 1989.

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Augen zu und durch?

Am vergangenen Sonntag hat die Regierungspartei Fidesz eine Nachwahl zum Amt des Bürgermeisters in ihrer Hochburg Hódmezovásárhely krachend verloren. Die Wahl war nötig geworden, weil im November 2017 Amtsinhaber István Almási, Fidesz, verstorben war. 57,3% der Stimmen gingen an den von der gesamten Opposition unterstützten Péter Márki-Zay, Fidesz-Kandidat Zoltán Hegedüs erhielt 41,63%. Neben der Einigkeit der Opposition war vor allem die Wahlbeteiligung Schlüssel: Gingen 2014 nur 36% der 36.700 Wahlberechtigten zu den Urnen, waren es jetzt 62,5%.

Für die Orbán-Partei war das Ergebnis ein Schock, zumal nur eineinhalb Monate vor den Parlamentswahlen, bei denen man hofft, wieder eine klare 2/3-Mehrheit der Mandate einzufahren. Man hatte die Nachwahl nur für eine Formalie gehalten. Nun aber stellt sich heraus, dass die Umfragen der Demoskopen die Fragilität der Unterstützung nicht abbilden.

Orbán erließ sofort interne Dekrete mit einer Kurskorrektur. Er untersagte seinen Parteisoldaten ab sofort jede negative Äußerung zu Soros, den über Jahre aufgebauten Nationenfeind Nr. 1. Zwei Tage darauf gab es neue Order: Die UNO sei es nun, die Ungarns Freiheit und Rasse bedrohe, denn, so tun es die umgedruckten Plakate kund: sie wollen uns Millionen Einwanderer aufzwingen, aber Ungarn entscheidet, nicht die UNO. Man ändert also nur den Adressaten, nicht die Kampagne.

Sich auf die UN zu stürzen, rührt zum einen daher, dass dort gerade eine Flüchtlingsvereinbarung verhandelt wird, die sich an die Realitäten anpasst und weltweite Standards für den Umgang mit dieser chronischen Krise etablieren soll. Für Orbán ist die UN zudem ein praktischer Gegner, der sich kaum wehren kann. Man bezieht von dort keine Gelder, die UNO kann auch sonst keine Zwangsmaßnahmen verhängen, solange Orbán nicht in die Nachbarländer einmarschiert und die Toleranz des Völkergremiums gegenüber Diktatoren in ihren Mitgliederreihen war schon immer groß, zwangsweise dem Charakter der Organisation geschuldet. Die meisten UN-Staaten seien selbst Herkunftsländer von Wirtschaftsflüchtlingen und Terroristen erklärte man oder auf einen kurzen Nenner gebracht: Vorher waren die Juden und ihre Handlanger mit ihrem Streben nach einer neuen Weltordnung die Feinde Ungarns, jetzt ist die es ganze Welt.

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Nur ein Wort wurde ausgetauscht: Statt Soros ist es nun die UNO. Reicht das?

Was die Fidesz-Spitze übersieht: Nicht wenige der Bürger von Hódmezovásárhely dürften ihre Stimme Fidesz entzogen haben, obwohl sie mit deren xenophober Politik übereinstimmen. Vielmehr hat die Fidesz-Mafia den Bogen bei ihrem seit 2010 institutionalisierten Raubzug im eigenen Land allmählich überspannt. Die Berichte über die Milliarden-Geldberge, die Orbáns Strohmann Mészáós, Orbáns Schwiegersohn Tiborcz und die Dutzenden anderen Günstlinge und Oligarchen auf Kosten öffentlicher Mittel anhäufen, tun allmählich ihre Wirkung.

Vor allem auch deshalb, weil die im kleptokratisch-ständestaatlichen Orbán-System eingeplante Verliererhälfte des Landes langsam gewahr wird, dass ihnen die Versprechungen von Wohlstand und Teilhabe nicht gelten. Im Gegenteil, die rund 40% der Menschen in Ungarn, die an oder unter der Armutsgrenze leben, sind so eingeplant, sie bilden als billigste Arbeitskräfte, dummes Konsumentenpack und leicht gegen andere Gruppen aufhetzbare Wählergruppe die Basis von Orbáns Kastendenken, sind Teil seiner Machtstrategie. Rutscht diese weg, weil ein Teil dieser Menschen in die Realität zurückfindet und die wahren Schuldigen an ihrer Misere erkennt, fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen.

Hódmezovásárhely war ein Warnschuss, dass keine Regierungspropaganda, keine Versager-Opposition, keine Medienmacht und kein Apparat unter Totalkontrolle gegen leere Mägen und kalte Wohnungen ankommt. Das Problem dabei: seine Mannschaft kann dem Wahlvolk nichs weiter anbieten als dumpfe Propaganda. Sie haben nicht nur nichts anderes gelernt, sondern auch nichts anderes vorzuweisen. Sie stehen nackt vor ihrem Volk, wenn sie ihre besten Stücke nicht mit Hetzplakaten zuhängen können. Sie haben nie mit dem Volk kommunizert, sie können sich nicht erklären, weil sie ihre Politik, die nichts weiter als eine Aneinanderreihung von Verbrechen an Demokratie und Eigentum sind, schlicht nicht zu rechtfertigen ist. Dass selbst Chefpropagandist Bencsik, einer der treuesten und rechtesten Kameraden Orbáns öffentlich von "peinlichem Kindergartenniveau" mit Blick auf die Fidesz-Kommunikation spricht, sind erste Anzeichen von blanker Panik.

Die Geschichte hat geleehrt, wie schnell felsenfest scheinende Politfestungen einstürzen können, wenn das Volk die Nase voll hat. Unsere Prognose ist, dass er es noch einmal schafft. Ein letztes Mal. Orbán kann jetzt nur noch hoffen, dass die bisher erfolgreiche Taktik aus Lügen, Locken und Manipulation - bis hinein ins Wahlsystem - ihn noch einmal rettet, vor allem auch vor dem Furor seiner Günstlinge, die ihre Fälle wegschwimmen sehen. Sonst sehen wir aus Ungarn 2019 bald Bilder wie aus Rumänien im Dezember 1989.

red.


 

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