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(c) Pester Lloyd / 26 - 2018    POLITIK       23.06.2018


Straftat Menschlichkeit: Ungarn ächtet per Gesetz Flüchtlinge und Zivilgesellschaft

Wer Menschlichkeit zeigt, Flüchtlingen hilft oder obdachlos ist, verstößt in Zukunft gegen die ungarische Verfassung. Just am Weltflüchtlingstag, dem 20. Juni, wurde das Gesetz T/333 gegen die Tätigkeit von NGOs, die sogenannte "Soros-Bill" im Parlament verabschiedet.

Orbán kann sich dabei nicht nur auf seine Fidedsz-Mehrheit und die Jobbik-Nazis verlassen, sondern auch auf ein internationales Bündnis xenophober, antieuropäischer Regierungen stützen: Polen, Slowakei, Österreich, Italien, Bayern und Ungarn, die derzeit gemeinsam versuchen, eine gemeinsame Migrationspolitik der EU zu verhindern, wenn sie nicht in ihrem Sinne einer Totalabschottung - auch gegen Krisenflüchtlinge - erfolgt.

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Über die politischen Zielstellungen und strafrechtlichen Auswirkungen des "Stop-Soros-Gesetzes"
haben wir bereits ausführlich berichtet.

Gesetzlich manifestiert sich das zunächst in einem schwammig formulierten neuen Strafrechtsbestand, der Anklägern und Richtern breiten Auslegungsspielraum gibt. Paragraph 353a erklärt "das Werben für und Unterstützen von illegaler Einwanderung" zur Straftat, die "illegale Einwanderung" an anderer Stelle auch.

Was darunter fällt, ist nur teilweise spezifiziert und rechtlich eigentlich unhaltbar, zählen dazu nämlich unter anderem der "Aufenthalt" in einem 8-km-Sperrbereich vor der Grenze auch für ungarische Staatsbürger, wenn sie "Illegalen" juristische oder humanitäre Hilfe zukommen lassen wollen. Aber auch das Betreiben einer NGO, die sich diese Arbeit als Aufgabe gestellt hat, wird gebrandmarkt, zumal, wenn sie aus ausländischen Quellen, wenn auch nur teilweise, finanziert ist. Es gibt einen Bußgeldkatalog und der Verbot der Organisation ist rechtlich erleichtert. Das Gesetz verstößt gegen die Versammlungsfreiheit und andere bürgerliche Grundrechte, wie sie auch die EU-Verträge beinhalten.

Gleichzeitig wird die bereits seit zwei Jahren praktizierte Aufhebung der Normen internationalen und europäischen Asylrechts festgeschrieben. Eine unabhängige Kontrolle selbst der ohnehin an Grundrechten mangelnden Verfahren, die von den ungarischen Behörden an den "Illegalen" und den wenigen anerkannten Asylbewerbern vollzogen werden, wird durch die Gesetzgebung verhindert, kurz: die Zivilgesellschaft wird kriminalisiert, die Schutzsuchenden haben niemanden mehr, der ihre Rechte durchsetzt oder ihr Schicksal auch nur dokumentieren könnte.
 
In der Verfassung spricht man das Recht auf Asyl nur noch jenen zu, die "direkt verfolgt werden" und "nicht aus Drittländern" einreisen. Damit kann die Exekutive jeden Ausländer, der um Schutz in Ungarn und damit einem EU-Mitgliedsland sucht, zurücksenden und wird nicht einmal mehr fragen, unter welchen Umständen und aus welchen Gründen er gekommen ist. Ein Feststellungsverfahren ist nicht mehr vorgesehen, die Abweisungen folgen per Augenschein.

Derzeit lässt Ungarn täglich zwei Personen zu einem Asylverfahren ins Land, die dazu in Internierungslager an der Grenze gesperrt werden. In diesem Jahr wurden 267 Verfahren positiv, 326 negativ beschieden. Von NGOs befragte Zeugen sprechen von fehlenden Übersetzern und Rechtsberatern, keinen Einspruchsmöglichkeiten, erniedrigenden Befragungen und "Homo-Tests", Psychoterror und physischer Gewalt durch Sicherheitskräfte, Familientrennungen und katastrophalen Zuständen in den Lagern.
 
Die siebente Verfassungsänderung und deren Begleitgesetze schaffen außerdem ein neues Verwaltungsgericht, das dafür gedacht und entsprechend gestaltet ist, Behörden aus dem Zugriff der "normalen" Justiz zu nehmen. "Verboten" ist außerdem Obdachlosigkeit, ein Passus, mit dem sich die Orbán-Regierung sozial schmücken will, in dem sie sagt, dass sie jedem Ungarn ein Heim garantiert. In Wahrheit dient auch dieses Gesetz dazu, Flüchtlinge sowie Roma und andere sozial Ausgeschlossene zu schikanieren.

Praktisch alle mit dem Thema befassten internationalen Organisationen, UNHCR, Venedig-Kommission, Helsinki-Komitee haben ihren Protest geäußert, der sich aber nicht in Aktionen gegen Ungarns Regierung kanalisieren lässt, so lange die EVP-Fraktion, sprich: Merkels Deutschland dem Anti-Europäer und Anti-Demokraten Orbán weiter den Rücken
in der EU freihält. Einige NGOs haben bereits ihren Rückzug aus Ungarn angekündigt, Orbán erreicht also sein Ziel ohne Widerstände.

Übersetzungen (engl.) der neuen Gesetze und Erklärungen hier.
https://www.helsinki.hu/en/lexngo-2018/

red.


 



 

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