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(c) Pester Lloyd / 52 - 2018   POLITIK       26.12.2018


Weinachtlicher Pustekuchen: Proteste in Ungarn bringen Orbán nicht in Gefahr - Die Pester Lloyd Neujahrsansprache

Zwei Wochen demonstrierten an mehreren Tagen einige tausend Menschen lagerüberfreifend: Gegen das von der deutschen Autoindustrie bei Orbán bestellte "Sklavengesetz", gegen ein neues Sondergericht mit dem Auftrag Orbáns Verwaltung die Absolution zu erteilen und gegen das Quasi-Medienmonopol des Fidesz-Appartes, der gerade über einhundert zuvor mit dubiosen Praktiken augekaufte oder gefügig gemachte Medien in eine Stiftung überführte, um sie so dauerhaft dienlich zu machen.

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Immerhin schöne Bilder haben sie produziert, die “Massen”-Proteste.

Protestgruppen übernahmen kurz die Straßen der Hauptstadt, ließen sich vor dem Parlament mit Pfefferspray einnebeln, belagerten die Zentrale des Staatsfernsehens und schrien sich vor dem Präsidentenpalast heiser. Abgeordnete mischten das Parlament auf und ließen sich medienwirksam von Wachleuten aus der TV-Zentrale schubsen. Ein paar Deklarationen und Rauchbömbchen später kam es, wie es seit 2010 immer kam: Stille Nacht.

Die Protestbewegung erreichte nur eins, im liberalen Westen die Hoffnuung zu schüren, die Ungarn würden sich aus ihrer selbst gewählten Unmündigkeit befreien. Als Beleg diente, dass Rechte und Linke im gleichen Block marschierten, "nun hat es Orbán übertrieben", hieß es von medialen Sterndeutern als die TÉK-Radpanzer durch die Straßen rollten. Pustekuchen. Noch einer.

Kein Plan, kein Personal

Die Protestgruppen und oppositionellen Parteien, die eigentlich nur mehr Alibis für die Behauptung einer Demokratie in Ungarn sind - jetzt wieder getrennt und jeder auf seine Weise -, versuchen, das Protest-Fünkchen über die Feiertage am Leben zu erhalten, um es nach den Feiertagen wieder zu entzünden. Doch die Proteste wurden nie und konnten nie eine Massenbewegung werden. Es war der alle paar Jahre übliche Aufschrei der noch nicht ganz politisch abgestorbenen Reste des Landes, mit ein paar den Premier lächerlich machenden Pointen und einem Manifest.

Eine stringente Strategie und auch die Mittel diese umzusetzen oder gar ein das gemeine Volk beeindruckende Personalie haben die Protestierer aber nicht. Die hat nur die Regierung: Kriminalisierung jedes Andersdenkenden, den Rest des Volkes belügen und die zum Machterhalt nötigen 30% mit ein paar Kuchenkrümeln abspeisen. Den Rest muss Orbáns Charme richten. Sie lachen, aber dieser wirkt beim ländlichen Publikum durchaus in seiner Mischung aus plebejischem Schwiegersohntyp mit dem Drohpotential eines Paten aus einem schmierigen Mafia-Film. Dazu weht die Flagge Großungarns. Du gehörst dazu oder du bist unser Feind. Das hat seit 2010 funktioniert und wird auch 2019 wieder funktionieren. Nur noch 10 Jahre und wir haben die ersten Volljährigen, die nur Orbán als Führer erlebten!

Der freiwillige Arbeitssklave

Regierungssprecher István Hollik unterstellte kurz vor Weihnachten, als das Abebben der Proteste schon feststand, die Protestierenden würden Lügen, das "Arbeitsgesetz" würde weder Überstunden aufzwingen, noch müsste man für deren Entlohnung drei Jahre warten. Freiwilligkeit: Die zulässige Höchstarbeitszeit wurde angehoben, bis zu 400 Stunden können jetzt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer "vereinbart" werden. In Einzelgesprächen, ohne gewerkschaftlichen oder betriebsratlichen Beistand "darf" der Angestellte dann die "erbetenen" Überstunden ablehnen, natürlich ohne jede Konsequenz fürchten zu müssen. In dieser Vereinbarung können beide die Entlohnung auch auf drei Jahre hinausschieben, wenn beide zustimmen.

Revolution oder gar nichts

Selbst die ungarischen Gewerkschaften, ähnliche Zombiewesen wie die Oppositionsparteien, fanden diesen Zynismus auf ihre Kosten so provokant, dass sie Streiks andenken, die Studentengewerkschaften würden sich anschließen. Vielleicht lesen sie einmal die durch die Mehrheit der Wähler ermächtigten neuen Streikgesetze, dann können sie sich solche Unternehmungen eigentlich gleich sparen. Oder kurz gesagt: Entweder jagt man die Fidesz-Bande direkt aus dem Parlament ins Gefängnis oder man kann sich den Aufwand auch sparen. Ungarn dürfte die erste Demokratie Europas sein, in der mit rein demokratischen Mitteln ein Machtwechsel gar nicht mehr möglich ist, - selbst wenn die parlamentarische Mehrheit einmal wechseln sollte.

Feuer auf verbrannter Erde

 

Für Orbán war kurz vor Weihnachten die Welt schon wieder völlig in Ordnung. Auf Kossuth Radio schwadronierte der Mann, der 2006 den rechten Mob die alte TV-Zentrale anzünden ließ und sagte, dass das Volk sehr wohl das Recht habe, seine Regierung zum Teufel zu jagen von "Vandalismus" und natürlich von "Soros-Aktivisten" sowie "ernsthaften strafrechtlich relevanten Vorkommnissen" wie "Rauchbomben auf Polizisten". Man werde darauf "fest, aber geduldig antworten". Und natürlich würde niemand zur Arbeit gezwungen durch das neue Gesetz, es helfe vielmehr den Klein- und mittelständischen Unternehmen und jenen, die gerne mehr arbeiten möchten.

Dann zog er sich zurück, um die Weihnachtsgrüße aus den Konzernzentralen von BMW, Daimler, Audi und Co. entgegen zu nehmen.

Die Proteste werden vielleicht Anfang Januar nochmals kurz aufflammen, um festzustellen, dass ein Feuer auf verbrannter Erde nicht vorankommt. Orbán hat auch anderes zu tun, als sich um die interne Opposition zu kümmern, er muss Europa erobern (mit der EVP oder mit Salvini-Duce, das findet sich noch) um es zu beschützen, vor Soros, den muslimischen Terrorhorden und dem Kommunismus natürlich. Dafür kann man auch mal ein paar Stunden mehr arbeiten.

Frohes 2019 unserer Leserschaft in Nah und Fern!

red.



 



 

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