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(c) Pester Lloyd / 2019-23      WIRTSCHAFT


Glücksspielsteuer in Ungarn – so will das Land die Wirtschaft ankurbeln

Ungarn geht jetzt rigoros gegen das Aufstellen von Geldspielautomaten vor. Der Grund hierfür soll sein, dass die Regierung ihre Bürger vor der besorgniserregenden, stetig voranschreitenden Verarmung schützen will. Das klingt zunächst nobel – die Realität sieht bei genauerem Hinschauen jedoch etwas anders aus. Denn mit dem fraglichen Casino-Großprojekt „Eurovegas Ungarn“ schafft Orbán gleichzeitig ein Glücksspielmonopol, welches mit dem staatlich erlaubten Glücksspiel zusätzliche Steuern eintreiben soll.

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In Deutschland wird die Liberalisierung der Glücksspielindustrie seit Jahren stark diskutiert, um die landeseigenen Richtlinien in Form eines Glücksspielstaatsvertrags in Einklang mit der EU- Gesetzgebung zu bringen. Diese interessiert Ungarn hingegen reichlich wenig. Im Vergleich zur Bundesrepublik verbietet das Land schlichtweg alle Formen von Spielautomaten, trotz dessen es sich damit gegen das europäische Recht stellt.

Spielverbot in Ungarn – Offizielle Gründe

Nach Aussage des ungarischen Parlaments soll das Verbot der Spielautomaten zum Wohl des Volkes geschehen, da im Land fast jeder zweite Bürger mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze lebt und das wenige Geld der Nation nicht durch Glücksspiel verprasst werden soll. Auf den ersten Blick scheint der Beschluss auch sinnvoll.

Seit der Auferlegung des Gesetzes hat es die Regierung unter der rechtskonservativen Leitung des Ministerpräsidenten Orbán tatsächlich geschafft, die Gesamtanzahl aller landbasierten Spielautomaten in Ungarn von über 25.000 auf nur 4.500 zu reduzieren. Und auch den letzten verbleibenden Spielgeräten soll jetzt zu Leibe gerückt werden. Bis zum Ende diesen Jahres soll es in Kneipen, Bars oder Spielhallen keine Geräte zum Glücksspiel mehr geben.

Hier liegt der Konflikt in der ungarischen Gesetzeslage

Die
Entscheidung Ungarns gegen jegliche Form von Glücksspielautomaten scheint zunächst logisch, gäbe es da nicht eine entscheidende und zugleich fragliche Ausnahme im Land. Denn es gibt in Ungarn insgesamt drei staatlich lizenzierten Spielbanken, bei denen sämtliche Geräte zum Glücksspiel zugelassen sind. Dort will der Staat zumindest härtere Kriterien und Regulierungen durch landeseigene Lizenzen aufstellen, die das Glücksspiel wiederum rechtens machen sollen. Da stimmt doch etwas nicht? Es ist allerdings nicht ganz neu, dass in Ungarn fragwürdige Gesetze verabschiedet werden. Man denke da etwa an das Gesetz gegen die Tätigkeit von NGOs, welches inoffiziell auch „Stopp-Soros-Gesetz“ genannt wird.

Hinzu kommt, dass fast zeitgleich mit dem Glücksspiel-Verbot der Bau eines gigantischen Casino-Großprojektes namens „Eurovegas Ungarn“ in Auftrag gegeben wurde, welches in Zukunft nicht nur den Ungaren zur Unterhaltung dienen soll, sondern Casino-Fans aus ganz Europa mitsamt deren vollen Geldbörsen ins Land bringen soll. Die riesige Spielhalle soll dem ungarischen Staat mithilfe einer Glücksspielsteuer dann ganze 70 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Das deckt zwar noch nicht die bisherigen 100 Millionen Steuereinnahmen aus den nun verbotenen Spielgeräten, doch auch für die verbleibenden 30 Millionen Euro wurde bereits eine makabre Lösung gefunden:

Orbán will sich die fehlende Summe über Steuereinnahmen im Online Glücksspiel holen. Bis dato hat die ungarische Regierung hierzu noch keinen detaillierten Plan durchblicken lassen; das Ministerium soll jedoch bereits mit Hochdruck an einem umsetzbaren Modell für das Projekt Online Casino Ungarn arbeiten.

Orbán verfolgt andere Ziele

Will die ungarische Regierung ihre ärmeren Bevölkerungsschichten wirklich vor einem möglichen, vermeintlichen Spielsuchtrisiko schützen? Dann stellt sich die Frage, weshalb im gleichen Zuge das Interesse an einem nationalen Ausbau von Online Plattformen zum Glücksspiel besteht. Denn im Online Casino ist das Risiko zur Spielsucht nicht geringer.

Fakt ist auch, dass das seit kurzem auferlegte Verbot von Spielautomaten außerhalb der von der Regierung offiziell zugelassenen und lizenzierten Spielcasinos ein staatliches Glücksspielmonopol im Land schafft. Und das wiederum verstößt nach der Auffassung des EU-Gerichtshofes gegen das Europäische Recht.

Hinzu kommt auch noch die landeseigene Glücksspielvereinigung, die sich nun gegen die absurde Rechtslage wehrt und bereits lauthals verkündete, dass sie gewillt ist, eine Klage gegen das Glücksspielverbot bei gleichzeitiger Versteuerung staatlicher Glücksspiel-Etablissements im Notfall auch bis nach Brüssel zu tragen.

Wie geht es weiter?

Es wird mittlerweile davon ausgegangen, dass Orbán das Verbot von Spielautomaten zu eigennützigen Zwecken aufsetzte und einen gemeinnützigen Grund, dem Volke vor den Folgen des Spielens schützen zu wollen, nur vorschob, um das Projekt zügig voranzutreiben und die daraus resultierenden Glücksspielsteuern aufsetzen zu können.

Einigen Aussagen zufolge wird der ungarischen Regierung neben dem Ziel eines landeseigenen Glücksspielmonopols und den damit einhergehenden Steuereinnahmen sogar vorgeworfen, im Zuge der Aufstellung von Internet Casinos eine weitreichende Überwachung von ungarischen Online Nutzern zu erreichen.

In jedem Fall ist die Situation, inwiefern eine EU-Mitgliedsland gegen Online Casinos ohne lokale Lizenz, jedoch mit einer EU-Lizenz, vorgehen kann, ungeklärt. In keinem Fall dürfe Ungarn laut des EU-Gerichtshofes beispielsweise Geldstrafen aufsetzen.

Deutschland schaut mit skeptischem Blick auf Ungarn

Deutschland steht im großen Kontrast zu Ungarn, denn in der Bundesrepublik gibt es keine Steuern auf Casinogewinne. Man kann die
Infos dazu bei Casinopilot24.com einsehen und versteht schnell, dass Regulierung und Steuern zwei verschiedene paar Schuhe sind. Die deutsche Regierung ist sich der bürgerlichen Freiheitsrechte bewusst, versteht aber auch zunehmend die Bedeutung eines möglichen Wirtschaftszweiges durch das Online Glücksspiel im Falle einer theoretischen Verstaatlichung. Dennoch ist Deutschland im Zuge der Dienstleistungsfreiheit weiterhin gut beraten, auch in Zukunft nicht gegen die Spieleseiten vorzugehen, da es sich sonst den Unmut der Europäische Union einfangen könnte, so wie es Ungarn gerade tut.

K.B. / Abb.: Wiki Commons