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(c) Pester Lloyd / 31 - 2009 POLITIK 27.07.2009
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Rohrkrepierer

Hat Ungarns Justizminister Beweise gefälscht?

Justizminister Tibor Draskovics sieht sich heftigen Vorwürfen der Irreführung, wenn nicht der Fälschung von Beweisen ausgesetzt. Er soll ein altes Video von einer Explosion als Beweis für die aktuelle Gefahr rechter Terroristen benutzt haben. Für die Opposition, die sofort den Rücktritt des Ministers forderte, ist die Motivation hinter der vermuteten Fälschung völlig klar. Es ging ihm um einen Vorwand, sein Budget aufstocken zu können, was ihm vorerst auch gelungen ist.

Ende letzter Woche präsentierte der Justizminister beim Nachrichtenkanal Hír TV ein Video von einer Bombenexplosion, das er als jüngsten Beweis für die staatsfeindlichen Aktivitäten der "Pfeile Ungarns" (Magyarok Nyilai Nemzeti Felszabadító Hadsereg), einer terroristischen Gruppe von Rechtsextremen, anführte. Es stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei der Aufnahme höchstwahrscheinlich um ein zwei Jahre altes Band handelt, bei dem eher harmlose Chemiestudenten beim - nicht ganz legalen - Bombenbasteln erwischt wurden und das beim Privatsender ATV 2 gesendet wurde. Eine Untersuchung wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion wurde damals durchgeführt und längst abgeschlossen.

Der Minister und sein Koffer, wohl eher eine echte Wundertüte

Die, dem Minister unterstellte, Staatsanwaltschaft konnte oder wollte noch keine definitiven Aussagen über die Zuordnung des Videos machen, schloss damit aber auch den Missbrauch durch den Minister nicht sogleich aus. Laut Hír TV seien anhand der Krater aber Zweifel ausgeschlossen. Sollte sich herausstellen, dass der Minister wusste, dass das Video nichts mit der Sache zu tun hatte, ist dies Fälschung von Beweismitteln und damit strafbar.

Beitrag des Nachrichtensenders Hír TV mit beiden Videos im Vergleich

 

Für die Opposition, die sofort den Rücktritt des Ministers forderte, ist die Motivation hinter der vermuteten Fälschung völlig klar. Es ging ihm um einen Vorwand, sein Budget aufstocken zu können, was ihm auch gelungen ist, was sich aber im Nachhinein als heftiger Rohrkrepierer herausstellen könnte. Am Freitag hat die Regierung zusätzliche Mittel für den Kampf gegen den Terrorismus beschlossen. "Mehr Aufmerksamkeit, Geld und Energie" seien notwendig um das Land vor terroristischen Attacken von eigenen Landsleuten zu schützen, sagte Justizminister Tibor Draskovics. "Der politischer Terrorismus in Ungarn nimmt zu," warnte er. Besonders die zunehmende Gefahr von Brand- und Bombenanschlägen auf die Häuser von Politikern führte er als Begründung für die Budgeterhöhung in unbekannter Größenordnung an. Die Ermittlungsbehörden, vor allem die Generalstaatsanwaltschaft, bräuchten eine bessere Ausstattung, auch mehr Personal.

Diese Ankündigungen fanden während einer Auszeichnung von Polizisten statt, die sich um die Verhaftung von Mitgliedern der "Pfeile Ungarns" verdient gemacht hätten, einer rechtsextremen Terrorgruppe, die sich zu einigen der Anschläge bekannte. Insgesamt neun Personen wurden im Zuge dieser Fahndungen verhaftet, ihnen werden unter anderem Molowtow- und Bombenattacken auf Häuser von MSZP-Politikern, aber auch auf jenes des Liberalen János Koka sowie Gewehrschüsse auf das Haus von Kulturminister István Hiller vorgeworfen. Als einer der Rädelsführer gilt der ebenfalls in U-Haft befindliche György Budaházy, eine Gallionsfigur der extremen und militanten Rechten des Landes, der ist aber definitiv kein harmloser Chemiestudent, wie seine vielen Auftritte in der Öffentlichkeit bereits zeigten.

red.

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