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(c) Pester Lloyd / 36 - 2009  MUSEEN & GALERIEN 04.09.09
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Aussatz der Geschichte

Der Memento Park in Budapest

Egal, ob auf dem Heldenplatz oder auf der Spitze des Gellért-Berges – überall waren Lenin, Marx, Engels, Béla Kun und andere präsent gewesen. Zumindest in Stein, Bronze oder Mamor. Nach der Wende machte man tabula rasa, sie wurden einfach alle in eine Art Panoptikum, quasi in Quarantäne, an den Stadtrand verfrachtet, so wie man es früher mit Aussätzigen getan hat. Das ist auch eine Art der Vergangenheitsbewältigung, wenn auch eher -verdrängung, die heute vor allem westliche Touristen anzieht.

Die Reise an den äußersten Rand von Budapest (je nach Verkehrsmittel benötigt man vom Zentrum aus bis zu einer Stunde – siehe unten) wird den Besucher sofort in eine andere Welt versetzen. Bereits vor dem Eingang ist das erste Highlight zu sehen: Stalins Stiefel. Leider handelt es sich hierbei nur um eine Kopie. Die riesige Tribüne, auf welcher sie stehen, ist eine 1:1 Kopie des Originals. Gigantisch und authentisch wirkt das Denkmal allemal. Es erinnert an den Aufstand gegen die kommunistische Herrschaft, als die wütende Masse am 23.10.1953 die Statue stürzt.

Jedes Denkmal erzählt eine eigene Geschichte

Über 40 Statuen und Gedenktafeln, die während des Sozialismus auf öffentlichen Plätzen gestanden haben, sind hier in diesem einzigartigen Themenpark ausgestellt. Nach der politischen Wende 1989/90 wurde sie aus der Stadt gebracht. Dabei hat jedes Denkmal eine eigene Geschichte zu erzählen. Es ist spannend zu erfahren, wo die einzelnen Werke in der sozialistischen Ära ihren Platz hatten.

Einheimische meiden den Denkmalspark eher. Denn die Erinnerungen an die erzwungenen Huldigungen Stalins & Co. sind für die meisten Budapester negativ belastet. Die Sehenswürdigkeiten liefern einen einzigartigen Blick hinter den Eisernen Vorhang. Dabei wirken diese kommunistischen Kolosse mit ihren massiven Körpern und prankenartigen Händen nicht besonders ästhetisch, wenn man ihnen nicht ihre eigene Ästhetik zugestehen will. Das Herausreißen aus ihrer geplanten Umgebung macht manche geradezu lächerlich, andere entfalten sich plötzlich zu einem zwar sinnfernen, aber doch beeindruckenden Gebilde.

Zwangsläufig drängt sich die Frage auf, ob es in einiger Zeit auch einen Park für abgewickelte Investmentbanken, Fast-Food-Ketten und Spielcasinos geben wird oder wie all die Denkmäler der Postmoderne aussehen. Oder ob uns diese Monstren etwa ewig begleiten werden? Oder ob es Lenin, Stalin und co. ohne die vorherigen “Größen” vielleicht gar nicht gegeben hätte...

Ein demokratische Beschreibung der Diktatur oder über was auch immer

Die Denkmäler zeigen die „Ungarisch-sowjetische Freundschaft” und die „Befreiung”, Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung, Soldaten der Roten Armee sowie weitere impulsante Kunstwerke. Aber es lassen sich auch Gedenktafeln finden, die einst wichtige Gebäude ausgezeichnet haben. Der Haupteingang der Ausstellung kann als Symbol für Freiheit verstanden werden, wobei er auf den ersten Blick eher eine gegenteilige Wirkung erzielen mag. Der Architekt Ákos Eleőd, der den Park konzipiert hat, versteht ihn wie folgt: „Dieser Park handelt von der Diktatur, aber in dem Moment, als das frei auszusprechen, zu beschreiben, zu bauen ist, in dem Moment handelt er schon von der Demokratie. Allein die Demokratie ist im Stande dazu, dass sie die Möglichkeit bietet, frei über die Diktatur nachzudenken – oder gerade über die Demokratie, oder über was auch immer.”

Probesitzen im Trabbi und in Stalins Stiefel

Im „Red Star Store“ sind allerlei Artikel, die an Kommunismus erinnern, käuflich zu erwerben. Und natürlich darf hier auch der Trabant nicht fehlen. Er parkt direkt hinter dem Haupteingang und lädt zum Probesitzen ein. Die „Nordbaracke“ ist ein überdachtes Museum, in welchem eine Sonderausstellung über den Kommunismus in Ungarn gezeigt wird. Auch befindet sich hier eine weitere Kopie von Stalins Stiefeln. Nebenan läuft der Film „Das Leben des Agenten“. Hierbei handelt es sich um einen Dokumentarfilm über das kommunistische Staatssicherheitsorgan.

Caroline Schröder / red.

Memento-Park
Ecke Balatoni út und Szabadkai utca
Budapest, 22. Bezirk (Süd-Buda)
Täglich: 10 Uhr bis Sonnenuntergang
Erwachsene: 1500 HUF
Studenten, Schüler: 1000 HUF
Ermäßigung: 30% mit der Budapest Card und Hungary Card
Weitere Informationen:
www.szoborpark.hu

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(c) Pester Lloyd

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