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(c) Pester Lloyd / 40 - 2009  WIRTSCHAFT 28.09.2009
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Heikles Großprojekt

9000 Busse für Ungarn: Runderneuerung für bis zu drei Milliarden Euro

Die ungarische Regierung hat angekündigt, die veraltete Busflotte des Landes in einem Zehnjahresprogramm runderneuern zu wollen. Dabei handelt es sich um rund 9.000 Fahrzeuge, vornehmlich der regionalen Buslinien des Staatsunternehmens Volán Bus sowie der BKV und anderer städtischer Busverkehre. Das Auftragsvolumen von bis zu 300 Mio EUR pro Jahr weckt natürlich Begehrlichkeiten, auch des Protektionismus und könnte gleich ein erster Belastungstest für die angekündigte neue Wirtschaftsmoral der Konservativen werden.

Die auf dem ungarischen Lande verkehrenden Busse haben ein Durchschnittsalter von zehn Jahren, die in der Hauptstadt haben bereits sogar ca. 16 Jahre auf dem Buckel. Für die finanzielle wie logistische Großaktion der Runderneuerung der Busflotte, hat Ministerpräsident Gorodn Bajnai eigenes einen Regierungskommissar beauftragt. Zu teuer könnte die einfache Abgabe an erprobt versagende Strukturen in irgendwelchen Ministerien werden. István Fórián ist bereits seit Sommer dabei, den Bedarf mit dem Angebotenen in Einklang zu bringen und herauszufinden, inwiefern ungarische Unternehmen von einem solchen Großauftrag profitieren könnten, denn der Konjunkturaspekt ist Bajnai ebenso wichtig, wie die Werterhöhung und bessere Konkurrenzfähigkeit der Staatsbetriebe.

Der Job des Regierungsbeauftragten wird es jedoch auch sein, clevere und für den Staat möglichst günstige Finanzierungen aufzutun. Rund 1.500 Busse pro Jahr könnten in Auftrag gegeben werden, ein Fahrzeug kostet, je nach Ausstattung zwischen 60 und 80 Millionen Forint (220.000 bis 300.000 EUR), was also Anschaffungskosten von bis zu 300 Mio EUR jährlich verursachen könnte, für die im Budget nur ein kleinerer Posten existiert. Die Staatszuschüsse auch für Volán und BKV wurden drastisch reduziert. Eine Finanzierung könnte also nur über EU-Fonds, eine Kreditaufnahme oder eine Umwidmung von Haushaltsmitteln erfolgen, über ausreichend Eigenmittel verfügen die verschuldeten Unternehmen nicht.

Der Regierungsbeauftragte sagte, dass man es begrüßen würde, wenn möglichst viele heimische Unternehmen von einem solchen Auftrag profitierten. Schließlich sei die Basis der ungarischen Busindustrie noch vorhanden. Die in sozialistischen Zeiten berühmt gewordenen Ikarus-Werke mussten zwar 2007 den Weg alles irdischen gehen, aus der Insolvenz ist aber immerhin ein funktionierender Karosseriebetrieb übrig geblieben. Auch die Rába Werke könnten Sitze und Achsen zuliefern. Viele weitere Zulieferbetriebe, meist in ausländischer Hand, gibt es in Ungarn. Alles, außer Motoren, könnte das Land selber machen, meint Fórián.

Fakt ist aber auch, dass ein solcher Auftrag EU-weit ausgeschrieben werden muss. Ausländische Mitbewerber werden dem Vergabeverfahren nicht nur interessiert zuschauen, sondern aktiv mitmischen wollen, egal mit welchen patriotischen Argumenten und sonstigen Methoden sich lokale Anbieter dabei in den Vordergrund drängen und von wem sie dabei unterstützt werden.

Da nächstes Jahr die nationalkonservativen Kräfte des Fidesz die Macht übernehmen, kann die Anschaffung der Busse zu einem Politikum werden und die Frage beantworten, ob sich die neuen Mächtigen an EU-Normen halten oder Gemeinschaftsrecht umgehen also brechen. Ob sie ihre angekündigte neue wirtschaftspolitische Moral umsetzen, also die Fahne des Protektionismus hissen werden oder sich doch wieder der in Ungarn gängigen Praxis der "Umverteilung" von Steuergeldern anschließen werden.

Nicht zu Unrecht fragt die Öffentlichkeit auch, welchen Wert die Ankündigung eines Zehnjahresplanes ein paar Monate vor der Wahl hat, da die Opposition ohnehin sämtliche Regierungsprojekte in Frage gestellt und eine Neuschreibung des Budgets fix angekündigt hat.

red

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(c) Pester Lloyd

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