(c) Pester Lloyd / 40 - 2009
KULTUR 28.09.2009 _______________________________________________________
München auf Ungarisch
Ungarische Künstler in München 1850–1914
Die Ungarische Nationalgalerie veranstaltet vom 1. Oktober 2009 bis zum 10. Januar 2010 die Ausstellung München auf Ungarisch. Sie nähert sich dem
Phänomen, dass in der Periode 1850–1914 beinahe alle ungarischen Kunststudenten nach München reisten, "um das Fehlen der heimischen Bildung durch das Studium an der Akademie der bildenden Künste in
München aufzuholen." wie es die Kuratoren beschreiben.
Es bildete jedoch bisher weniger den Gegenstand von Untersuchungen, inwiefern
die Akademie oder die Stadt als Kunstzentrum auf die Künstlerstudenten eine Wirkung ausübte. In der Ausstellung wird versucht darzustellen, welche die
Momente, Charakteristika und eindeutigen Züge in der Entwicklung der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sind, die sich mit der bayrischen Metropole verknüpfen
lassen, die die ungarischen Maler/Bildhauer geprägt haben, und die auf diese Weise in der Herausbildung der Nagybánya-Bewegung, d. h. in der der modernen
ungarischen Malerei und Kunst eine unmittelbare Rolle spielten.
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Die ungarischen Künstler kamen in München in der zweiten Hälfte des 19.
Jahhunderts in mehreren Wellen an. Seit Ende der 1850er Jahre galt die Historienmalerei als führender Stil dieser Künstler. Die drei bekanntesten Meister
– Sándor Wágner, Sándor Liezen-Mayer und Gyula Benczúr (Abb.) – waren auch als Professoren der Münchner Akademie tätig. Zu dieser Gruppe zählt aber auch
Bertalan Székely. Ebenfalls in diesem Jahrzehnt, jedoch mit anderen künstlerischen Ansätzen, begann an der Akademie Pál Szinyei Merse oder Géza
Dósa zu studieren; ihre Tätigkeit bedeutet bereits den Anfang der ungarischen Pleinairmalerei.
Vom Ende der 1860-er bis zur ersten Hälfte der 1880-er Jahre dauerte jene
Periode, die durch den aus Paris kommenden, jedoch eigenartigen Münchner Realismus/Naturalismus gekennzeichnet war. Die bekanntesten Vertreter dieser
Epoche waren u. a. Gyula Aggházy, Ottó Baditz, aber Mihály Munkácsy oder László Mednyánszky begannen ihre Laufbahn ebenfalls in München. Während der
1880-er Jahre verkehrten besonders viele Ungarn in der bayrischen Hauptstadt. Seit dem Auftreten von Simon Hollósy waren die um ihn vereinten jungen Künstler
im Geiste des ebenfalls aus Paris bekannten Naturalismus tätig.
Bis zur Mitte der 1890-er Jahre bildete sich aus diesem Freundeskreis jene
Gemeinschaft heraus, die schließlich 1896 in dem ungarischen Ort Nagybánya (heute: Rumänien) eine Künstlerkolonie gründete, um die moderne ungarische
Malerei zu schaffen. Dieses Datum bedeutete allerdings nicht, dass die Ungarn im Weiteren nicht mehr nach München reisten: bis zum Beginn des ersten
Weltkrieges ist eine fortdauernde ungarische Anwesenheit in der Stadt zu beobachten, sowohl an der Akademie, als auch in den Ausstellungen der sich ständig vermehrenden Privatgalerien.
In den letzten beiden Jahrzehnten rückte die Untersuchung der Münchner
Akademie und des Kunstzentrums in der kunsthistorischen Forschung der ostmitteleuropäischen Staaten immer mehr in den Vordergrund. Die
Nachbarländer (u.a. Polen, Kroatien, Griechenland usw.) veranstalten je ihre Ausstellungen mit derselben Thematik, die versuchen, mit der Erschließung der
gemeinsamen Wurzeln die Wendepunkte der Kunstentwicklung um die Jahrhundertwende vorzustellen, wobei diese Wenden fast ausschließlich an
München, an seine Akademie bzw. an die dortigen Wirkungen zu knüpfen sind. Die Aktualität des Themas wird dadurch unterstrichen, dass die Königliche
Akademie der bildenden Künste zu München 2008 ihr 200-jähriges Jubiläum feierte. Anläßlich der Feier wurde im Haus der Kunst eine große Ausstellung
veranstaltet, begleitet von einem monumentalen wissenschaftlichen Katalog. Die ungarische Kunst wurde in der Ausstellung durch neun Werke vertreten, und damit als größte Sektion erschienen.
Zur Ausstellung sind mehrere Schlüsselwerke aus den verschiedenen Museen
Frankreichs und Deutschlands gekommen, bzw. es wird ein ansehnliches Material aus der besonders reichen Sammlung der Szépmuvészeti Múzeum in Budapest
vorgestellt. Mit Hilfe dieser Werke dürfte es gelingen, die ungarischen Tendenzen mit den Erscheinungen der europäischen Malerei in Einklang zu bringen; darüber
hinaus werden neben den hervorragendsten Künstlern auch weitere Meister vorgestellt: zum Verstehen ihrer Tätigkeit bietet der Münchner Kontext eine hervorragende Möglichkeit.
www.mng.hu
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(c) Pester Lloyd
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