Regierungspartei bemüht erneut altbekannte Taktik – mit altbekannter Botschaft
Budapest. Die Fidesz-Politikerin Alexandra Szentkirályi, Fraktionsvorsitzende im Budapester Stadtparlament, hat am Montag via Facebook ein weiteres Kapitel der inzwischen routiniert inszenierten Skandalisierung des politischen Gegners aufgeschlagen. In einem vermeintlich „durchgesickerten Video“ will sie gehört haben, dass Vertreter der oppositionellen Tisza-Partei „etwas planen, das sie dem Volk nicht sagen wollen“.
Zitiert wird aus einem internen Auftritt des Tisza-Politikers Zoltán Tarr, der demnach sagte: „Ich werde nicht alles verraten, sonst scheitern wir … Wir müssen die Wahl gewinnen, dann ist alles möglich.“ Für Szentkirályi ist das offenbar der Beweis für einen „Geheimplan“ mit bedrohlichem Inhalt. Konkret fabuliert sie über die Abschaffung der Einheitssteuer, massive Steuererhöhungen, die Umsetzung des EU-Migrationspakts, das Ende der 13. Monatsrente sowie – natürlich – eine „LGBTQ-Gesetzgebung statt Kinderschutz“.
Wie stets wird dabei auf ein bekanntes Arsenal an Feindbildern zurückgegriffen: Brüssel, Ursula von der Leyen, Manfred Weber, die Ukraine, der Krieg – und die angeblich drohende „Zerstörung der ungarischen Wirtschaft“. Alles ohne Nachweis, aber mit umso größerer Dreistigkeit.
Die Methode ist alt: Tisza, als derzeit aussichtsreichste Oppositionskraft, soll in die Nähe des verhassten ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány gerückt werden – jener Figur, deren „Lügenrede“ von 2006 bis heute als politischer Dauerbrenner instrumentalisiert wird. Das Narrativ: Die Opposition täuscht das Volk, um sich an die Macht zu schleichen – danach folgen Verrat, Unterordnung unter Brüssel und soziale Verwerfungen.
Dass Fidesz solche „Enthüllungen“ mittlerweile im Tagestakt veröffentlicht, trägt zur Abstumpfung ebenso bei wie zur unfreiwilligen Komik: Die Regie ist durchschaubar, der Spannungsbogen längst überdehnt.
Was genau Tarr tatsächlich sagte – und ob das überhaupt von Bedeutung ist -, bleibt dabei ebenso im Dunkeln wie die Herkunft des angeblich „geleakten“ Videos. Die Meldung kam per MTI.hu. Aber das dürfte auch nebensächlich sein: Es geht nicht um Information, sondern um Assoziation:Gyurcsány, Brüssel, LGBTQ und Pädophilie.
Ungarn soll glauben, Tisza sei nicht wählbar. Weil man das Gefühl hat, Tisza könnte es werden.
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