Der Bürgermeister beschuldigt die Regierung, die Hauptstadt systematisch auszubluten.
Budapest. Gergely Karácsony hat auf Facebook erneut schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben: Budapest werde nicht aus eigener Kraft bankrottgehen, „sondern nur, wenn die Regierung es dazu zwingt“. Wer die Stadt in den Ruin treibe, werde „mit ihr untergehen“, so der Bürgermeister. Er sieht den Premier in der Pflicht, endlich den verfassungsmäßigen Dialog mit den Kommunen wiederaufzunehmen „nicht als Gnade, sondern als Verpflichtung“.
Streit um das Geld der Hauptstadt
Hintergrund ist ein eskalierender Konflikt über die Finanzen der Hauptstadt. Karácsony verweist auf Berichte des ungarischen Rechnungshofes, denen zufolge Budapest den Staatshaushalt de facto mitfinanziere. Der Staat entziehe der Stadt mehr Mittel, als er ihr zukommen lasse. Die drastisch erhöhte Solidaritätsabgabe – zwanzigfach in fünf Jahren – habe Löcher in die Finanzierung zentraler öffentliche Dienste gerissen. Der Bürgermeister stützt sich dabei auf Urteile sowohl des Verfassungsgerichts als auch der Kuria, die Teile der staatlichen Finanzpolitik gegenüber der Hauptstadt als rechtswidrig bezeichneten.
Karácsony kontra Orbán
Karácsony kritisierte Viktor Orbán scharf, der sich zuletzt auf ATV über den Zustand der Stadt geäußert hatte. „Er musste wieder über Budapest reden – nach langer Zeit – und man merkte, wie sehr ihm die Fakten entglitten sind„, sagte der Bürgermeister. Besonders anstößig sei, dass Orbán das Staatsbudget wie Privatvermögen behandle:
„Er spricht über Unterstützung für Kommunen, als wäre es seine persönliche Großzügigkeit. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Pflicht.“
Karácsony hält dagegen, dass die Stadt ihre Pflichten erfülle – anders als die Regierung. „Wenn Sie Vergleiche ziehen wollen, vergleichen Sie die MÁV mit dem Budapester Verkehrsbetrieb„, kommentierte er sarkastisch.
Juristischer Druck aus dem Regierungsapparat
Während Karácsony zur Teilnahme an Gesprächen mit der Streikkommission der kommunalen Gewerkschaften zugesagt hat, deren Frist am Donnerstag abläuft, wächst der Druck auch juristisch. Der Regierungskommissar der Hauptstadt, Botond Sara, erklärte am Mittwoch, dass Karácsony und die Stadtversammlung binnen 30 Tagen einen stellvertretenden Bürgermeister wählen müssen. Das Appellationsgericht habe bestätigt, dass der derzeitige Zustand – seit über einem Jahr ohne gewählten Stellvertreter – unrechtmäßig sei.
„Karácsony hat damals nur auf Zeit gespielt„, sagte Sara in einer Videobotschaft. Angesichts der prekären finanziellen Lage müsse die Stadt „rechtmäßig und handlungsfähig“ operieren. Eine klare Spitze gegen den Bürgermeister, dem die Regierung mangelnde Effizienz vorwirft.
Politisches Machtspiel um Budapests Zukunft
Budapest bleibt das Machtzentrum der Opposition. Seit Jahren schränkt die Fidesz-Regierung die Autonomie der Stadt ein – durch Eingriffe ins Budget, Zentralisierung und Umverteilung von Einnahmen. Der drohende Bankrott ist weniger Finanzfrage der Hauptstadt als politisches Machtspiel: Wie weit kann die Regierung gehen, um eine oppositionelle Hauptstadt lahmzulegen?
Quellen: MTI.hu, ATV, Facebook
Photo: Gebäude des Budapester Rathauses. Bildnachweis: Dezidor über wikimedia.org




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