Ferenc Gyurcsány, eine der umstrittensten Persönlichkeiten der ungarischen Politik, hat seinen Rücktritt vom Vorsitz der Demokratischen Koalition (DK) sowie seinen Rückzug aus dem öffentlichen Leben bekanntgegeben. Die Ankündigung erfolgte durch seine Ehefrau und DK-Vizepräsidentin Klára Dobrev über soziale Medien und markiert das formale Ende einer Ära, in der Gyurcsány im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen der Nachwendegeschichte Ungarns stand. Dobrev gab ausserdem die Trennung von Gyurcsány bekannt.
Reaktionen der Opposition
Péter Magyar, Vorsitzender der aufstrebenden Tisza-Partei, bezeichnete den Rücktritt als „einen Schritt näher“ an der Beendigung der sogenannten Orbán–Gyurcsány-Ära. Er deutete an, der Rückzug Gyurcsánys stehe im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Tonaufnahme, die belastende Aussagen des Verteidigungsministers enthält. „Ein letztes Mal hieß es Gyurcsány“, kommentierte Magyar und unterstellte Fidesz, mit dem Rücktritt einen Sündenbock zu präsentieren.
Imre Komjáthi, Vorsitzender der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) und früherer Parteifreund Gyurcsánys, versöhnlich. Er würdigte dessen Rücktritt als „nicht vergeblich“ und sah darin die Chance für einen Neuanfang und eine stärkere Zusammenarbeit auf der linken Seite des politischen Spektrums.
Das Ende einer politischen Ära?
Ferenc Gyurcsány war einst für viele ein Symbol liberaler Hoffnungen – und für ebenso viele ein Auslöser tiefer gesellschaftlicher Spaltung. Seine Amtszeit als Ministerpräsident war geprägt von wirtschaftlichen Fehlentscheidungen und dem berüchtigten Őszöd-Skandal im Jahr 2006, der das Vertrauen in die politische Elite erschütterte und den Weg für den Aufstieg von Fidesz ebnete.
Trotz seines Rückzugs dürfte sein Einfluss nicht vollständig verschwinden. Kritiker warnen davor, den politischen Stillstand mit dem Austausch alter Gesichter lösen zu wollen. Gyurcsánys Erbe bleibt ein zutiefst gespaltenes politisches Klima, geprägt von ungelösten Konflikten und Versäumnissen.
Sein Rücktritt ist ein Signal – aber noch kein Wandel. Die ungarische Linke nimmt es dankend an – zu schwer lastete sein Name auf der politischen Geschichte der MSZP und sukzessive auch auf der DK.
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