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Kindeswohl im Blindflug – ein Zwei­jähriges Mädchen als Opfer behördlicher Willkür

Der Fall der kleinen Evelin zeigt die strukturellen Defizite des ungarischen Kinderschutzsystems und wie Behördenentscheidungen Familien über Jahre hinweg zermürben

Budapest. Der Entzug eines Kleinkindes aus einer stabilen familiären Umgebung sollte das äußerste Mittel sein. Im Fall der zweijährigen Evelin, die im vergangenen November mit Polizeiaufgebot aus der Obhut ihrer Tante geholt wurde, zeigt sich jedoch ein Kinderschutzsystem, das zentrale Grundsätze missachtet. Familienhilfe und védőnő (Pflegeeltern) hielten eine Trennung für schädlich, die Bindung zur Tante war dokumentiert – dennoch erfolgte die sofortige Unterbringung bei nevelőszülők (Gesundheitsfürsogerin), ohne konkrete Gefährdungsbegründung. Das Kindeswohl bleibt auf der Strecke.

Später stellte die Megyei Főügyészség (Komitatsstaatsanwaltschaft) fest, dass das gyámhivatal (Jugendamt) gravierende Verfahrensfehler begangen hatte. Statt diese zu korrigieren, erließ die Behörde eine neue Entscheidung mit veränderter Begründung und hielt an der Herausnahme fest. Dabei hätte sie die dauerhafte Lösung selbst schaffen können, indem sie Erzsébet zur gyám bestellt.

Systemisch und Strukturell

Auf Nachfragen erklärte das gyámhivatal lediglich, im „Kinderinteresse“ zu handeln. Warum ein gesundes, geborgenes Kind seit einem Jahr nicht in sein vertrautes Umfeld zurückkehren darf, blieb unbeantwortet.

Der Fall steht exemplarisch für tiefere strukturelle Defizite: fehlende Transparenz, lange Verfahren, ausbleibende Rückführungen, Personalmangel und hohe Fluktuation. Familien berichten von lückenhaften Akten, wechselnden Einschätzungen und unklaren Zuständigkeiten. TASZ weist seit Jahren auf systematische Fehlentscheidungen hin, die besonders arme und marginalisierte Haushalte treffen.

Evelins Geschichte ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines Systems, das bei den Schwächsten versagt. Für ein Kleinkind bedeutet ein verlorenes Jahr einen irreparablen Einschnitt. Dass bürokratische Fehler darüber entscheiden, ob ein Kind in seiner Familie aufwachsen darf, ist das eigentliche Drama dieses Falles.

Quellen: TASZ per Email
Photo: Ein ungarisches Kinderheim in Pecs, CC-ASA 4.0, Globetrotter 19, Wikicommons

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