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Moldawien vergibt erstmals grüne Energiekapazitäten – 190 Millionen Euro Investitionszusagen

Chişinău. Die Republik Moldau hat ihre erste große Ausschreibung für erneuerbare Energien abgeschlossen. Regierung und Wirtschaft sehen darin einen strategischen Fortschritt. Ob der angekündigte Umbau des Energiesektors tatsächlich gelingt, bleibt indes offen.

Mit 165 Megawatt installierter Leistung – 105 MW Solar, 60 MW Wind – und Investitionszusagen von rund 190 Millionen Euro setzt Moldau ein erstes Ausrufezeichen in seiner erklärten Hinwendung zu einem dezentralen, erneuerbaren Energiemarkt. Feste Einspeisetarife über 15 Jahre sollen die Umsetzung sichern. Die Resonanz: über 40 eingereichte Projekte, davon elf bezuschlagt. Auffällig ist die Beteiligung ausländischer Akteure, vor allem im Windsektor – ein Signal internationaler Aufmerksamkeit, das die Regierung bewusst ins Schaufenster stellt.

Energieminister Dorin Junghietu sprach von einem „Vertrauensbeweis“ in Moldaus Reformkurs. Doch der Optimismus aus Chişinău wird nicht überall geteilt. Zwar hat das Land in den letzten Jahren regulatorisch vorgelegt: vereinfachter Zugang zu Flächen, steuerliche Anreizen, einem gestaffelten Fördersystem und sogenanntem Net-Billing für Kleinanlagen. Doch die strukturellen Probleme bleiben: Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas, mit hoher Abwanderung, fragiler Infrastruktur und wachsender außenpolitischer Unsicherheit. Investitionen – auch grüne – erfolgen unter Bedingungen, die anderswo als Hochrisikoumfeld gelten.

Erst im April stieg der Anteil erneuerbarer Quellen am nationalen Stromverbrauch auf über 36 Prozent – ein vorläufiger Höchststand, der teils auf günstige Wetterbedingungen, teils auf den Rückgang industrieller Nachfrage zurückgeht. Die Gesamtleistung erneuerbarer Anlagen liegt bei knapp 580 MW – ein Fortschritt, aber noch fern jeder strukturellen Unabhängigkeit. Der größte Teil des Stroms stammt weiterhin aus Importen, vor allem aus Rumänien. Und auch der Gasmarkt bleibt über weite Strecken abhängig von politischer Großwetterlage – nicht zuletzt wegen der anhaltenden Unklarheiten um die Separatistenregion Transnistrien und deren Rolle im nationalen Energiemix.

Die Invest Moldova Agency, verantwortlich für die Ausschreibung, bewertet die Auktion als „Durchbruch“ in Richtung eines freien und wettbewerbsfähigen Marktes. Dass die Zuschläge weit unter den von der Regulierungsbehörde gesetzten Maximalpreisen lagen – 1,5 MDL/kWh für Wind, 1,67 MDL für Solar -, wird als Indiz für funktionierende Marktmechanismen gewertet. Ob diese Preismodelle auf Dauer tragfähig sind, wenn lokale Akteure ohne ausländisches Kapital ins Rennen gehen, bleibt abzuwarten.

Im Herbst soll eine zweite Ausschreibungsrunde folgen, mit zusätzlichen 173 MW Windkraft und erstmals auch 22 MW Speicherkapazität. Der politische Wille zum Umbau scheint gegeben, ebenso das internationale Interesse. Doch ob aus technokratischer Planung auch energiewirtschaftliche Realität wird, hängt weniger von einzelnen Auktionen ab als von der Fähigkeit, Investitionszusagen in realisierte Infrastruktur zu übersetzen – und dabei soziale, geopolitische und wirtschaftliche Risiken nicht auszublenden.

Titelbild: Dubăsari Damm im Osten Moldawiens, nahe Transnistrien.

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