Der ungarische Premier nutzt eine Kircheneinweihung für politische Signale. Sein Gruß an den rumänischen Rechtsradikalen George Simion zeigt: Der Kulturkampf kennt keine Grenzen mehr. Simion bedankt sich prompt. Und freut sich auf den „gemeinsamen Kampf“.
„Danke für die große Botschaft, Viktor Orbán! Wir müssen den Kampf gemeinsam gewinnen.“
– George Simion auf X
Am Freitag stand Viktor Orbán auf dem Hügel von Tihany, schaute über den Balaton und sprach über Gott, Heimat und den Zerfall Europas. Es war eine klassische Orbán-Rede – spirituell aufgeladen, politisch kalkuliert. Doch ein Satz ragte heraus. Eine Botschaft „an das rumänische Volk und seinen künftigen Präsidenten“. Man werde sich nicht gegen Rumänien stellen. Im Gegenteil – man wolle gemeinsam für „Souveränität und Christentum“ kämpfen.
George Simion hörte genau hin. Der rechtsradikale Kandidat, der in der ersten Runde der rumänischen Präsidentenwahl vorne lag, bedankte sich umgehend. Und zwar begeistert.
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Ein neuer Partner im Kulturkampf
Simion ist kein Unbekannter. Er hat in der Vergangenheit mehrfach gegen ungarische Minderheiten gehetzt, Autonomiepläne als „Separatismus“ beschimpft und rumänischen Nationalismus offen gefeiert. Trotzdem – oder gerade deshalb – ist er für Orbán nun ein möglicher Verbündeter. Beide vereint das Narrativ vom „christlichen Europa“, das sich gegen Brüssel, Migration und Gender verteidigen müsse.
Dass Orbán Simion jetzt öffentlich unterstützt ist bemerkenswert. Und gefährlich. Die antiwestliche Achse wächst – Für Orbán geht es wohl aber derzeit mehr um den verzweifelten Machterhalt in Ungarn. Die Opposition kommt in Umfragen auf eine deutliche Mehrheit und der Kulturkampf will nicht mehr so wirklich in der Bevölkerung greifen – deshalb auch mutmaßlich Aufrüstung des Kampfes. Es geht für die FIDESZ um um mehr als nur die Regierung: Zahlreichen Günstlingen sowie Orbán selbst drohen Gefägnisstrafen, sollte eine neue Regierung an die Macht kommen.
Ein Dankeschön aus Bukarest
Simion schrieb auf X:
„Danke für die große Botschaft, Viktor Orbán! Wir müssen den Kampf gemeinsam gewinnen. Jetzt ist die Zeit, für ein Europa der Nationen zu kämpfen.“
Orbán habe, so Simion weiter, „vollkommen recht“.
Die Botschaft: Zwei Männer, zwei Länder, ein Ziel – Europa umbauen. Von innen.

Kein Einzelfall
Orbáns Auftritt in Tihany ist Teil einer Strategie. Erst vor kurzem präsentierte er eine eigene Theorie, wonach Ungarn absichtlich zum „Failed State“ erklärt werden solle – um den Weg für den EU-Beitritt der Ukraine frei zu machen.
Dass er nun auch einen Mann wie Simion stützt – trotz dessen ausgesproche antidemokratischer Richtung – passt ins Bild. Orbán sucht keine Partner auf dem Papier. Er sucht Mitstreiter für seinen ideologischen Umbau Europas. Orbán umarmt einen Mann, der Ungarn lange als Feind behandelte. Simion revanchiert sich mit Kampfparolen. Und Europa schaut zu.
[Kontext] Aus de Archiv: Kein Staat im Staate. Vor der Präsidentschaftswahl in Rumänien
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