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Ungarn erhält Bestnoten für Atomsicherheit – IAEA sieht dennoch Handlungsbedarf

Paks. Eine Mission der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hat Ungarn ein hohes Maß an nuklearer und radiologischer Sicherheit attestiert. Das Land verfüge über eine weitgehend unabhängige und gut ausgestatte Atomenergiebehörde HAEA. Zugleich fordert die IAEA weitere Schritte, um die institutionelle Koordination und Verwaltungssysteme zu stärken – besonders im Hinblick auf den Ausbau der Atomkapazitäten in Paks.

Ungarn hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Akteur der europäischen Atompolitik entwickelt. Rund die Hälfte des ungarischen Stroms stammt aus dem Kernkraftwerk Paks, dessen vier Reaktorblöcke sowjetischer Bauart derzeit modernisiert werden. Zwei neue Blöcke, Paks II, sollen in Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom entstehen – ein Projekt, das geopolitisch kritisiert wird. Vor diesem Hintergrund bescheinigte die IAEA dem Land nun bemerkenswerte Fortschritte in der atomaren Sicherheitsaufsicht.

Die sogenannte Integrated Regulatory Review Service (IRRS)-Mission fand vom 6. bis 17. Oktober statt und umfasste 16 internationale Fachleute, unterstützt von IAEA-Mitarbeitern sowie Beobachtern der Europäischen Kommission und Frankreichs. Die Experten prüften den rechtlichen und institutionellen Rahmen der ungarischen Nuklearaufsicht, einschließlich der Zuständigkeiten des Ministeriums für Energie, der HAEA und nachgeordneter Behörden.

Im Zentrum der Bewertung stand die HAEA, die seit einer Verwaltungsreform direkt dem Parlament unterstellt ist – eine Struktur, die nach Einschätzung der IAEA „ein hohes Maß an wirksamer Unabhängigkeit“ ermögliche. Die Behörde verfüge über eine solide Sicherheitskultur, die durch interne Reformen und neue Strategien gestärkt worden sei. Besonders hervorgehoben wurde die Initiative „Year of Safety Culture 2024“, mit der die HAEA Sicherheitsbewusstsein und institutionelles Lernen im eigenen Haus fördern will.

„Ungarn hat eine solide Grundlage für die Aufsicht durch seine unabhängige Regulierungsbehörde geschaffen und zeigt einen proaktiven Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung“

erklärte Ramzi Jammal, Teamleiter der Mission und Vizepräsident der kanadischen Nuklearaufsicht. Die IAEA konstatierte zudem, dass die HAEA „hohe Übereinstimmung mit internationalen Sicherheitsstandards“ aufweise und „eine vertrauenswürdige nationale Regulierungsinstanz“ sei.

Abseits all des Lobes hab es auch Verbesserungsvorschläge. Das Missionsteam formulierte mehrere Empfehlungen, um die Aufsicht weiter zu verbessern. So sollten Aufgaben und Zuständigkeiten bei der Kontrolle medizinischer Strahlenanwendungen klarer definiert und ein integriertes Managementsystem eingeführt werden. Auch die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den relevanten Behörden bedürfe einer systematischen Überprüfung.

Karine Herviou, stellvertretende Generaldirektorin der IAEA, hob hervor, dass Ungarn in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen habe, um die Sicherheitsarchitektur zu stärken. Gleichzeitig betonte sie die Notwendigkeit fortgesetzter staatlicher Unterstützung – personell wie finanziell -, um die Kapazitäten der Aufsichtsbehörde mit dem wachsenden Umfang der Atomwirtschaft in Einklang zu bringen.

Andrea Beatrix Kádár, Präsidentin der HAEA, bezeichnete die Mission als „wichtige Rückkopplungsschleife“: „Die Selbstbewertung und die IAEA-Überprüfung bieten uns wertvolle Möglichkeiten, unsere Verfahren und Regelwerke weiterzuentwickeln und sicherzustellen, dass das ungarische Aufsichtssystem mit den internationalen Standards Schritt hält.“

Die vollen Ergebnisse sollen innerhalb von drei Monaten in einem Abschlussbericht vorliegen, den die ungarische Regierung nach eigener Aussage veröffentlichen will.

Während die IAEA den institutionellen Rahmen in Ungarn als tragfähig bewertet, bleibt die geopolitische Dimension der ungarischen Atompolitik heikel. Die enge Bindung des Paks-II-Projekts an Russland, inmitten europäischer Sanktionen, könnte die Unabhängigkeit der Aufsicht langfristig auf die Probe stellen. Auch die Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle bleibt ungelöst.

Das IAEA-Gutachten ist eine Bestandsaufnahme: Ungarn verfügt über ein funktionierendes Kontrollsystem – seine Belastbarkeit wird sich erst im praktischen Betrieb der nächsten Reaktorgeneration erweisen. Hoffentlich ohne jeden Zwischenfall.

Quellen: IAEA, Hungarian Atomic Energy Authority, European Commission
Photo: International Atomic Energy Agency Logo, Derivative Work: Jesuiseduardo, Wikicommons

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