Balaton/Zánka. Mehr als 100.000 Kinder aus Ungarn und den Nachbarländern verbringen ihren Sommer in den staatlich geförderten Erzsébet-Tábors. Offiziell stehen Erholung, Gemeinschaft und Teilhabe im Vordergrund – ein Anspruch, der angesichts der Dimension und Reichweite des Programms nicht geringzuschätzen ist. Vielen Kindern aus benachteiligten Familien ermöglichen die Camps erstmals einen Aufenthalt am Balaton oder eine Woche ohne finanzielle Belastung der Eltern.
Doch hinter den glänzenden Bildern von Sportplätzen und Lagerfeuern treten Schattenseiten hervor. Kritiker bemängeln die enge Verzahnung der Trägerstiftung mit der Regierung und kirchlichen Strukturen, sowie die Vergabepraktiken, bei denen Aufträge regelmäßig im Kreis nahestehender Unternehmen landen. Auch der deutliche Rückbau wohnortnaher Tagescamps traf vor allem Familien mit geringen Mitteln – ein Widerspruch zum ursprünglichen sozialen Anspruch.
Inhaltlich dominieren Themen, die über klassische Freizeitpädagogik hinausgehen. Nationale Identität, christliche Werte und die „Zusammengehörigkeit der Magyaren“ werden explizit betont. In Zánka gehört sogar ein „Haditechnikai Park“ mit Militärfahrzeugen zum festen Angebot, ermöglicht durch das Verteidigungsministerium. Die Grenzlinie zwischen Jugenderholung und staatlicher Indoktrination verschwimmt dort, wo national-völkische Symbolik und militärische Präsenz den Ton angeben.
Die Erzsébet-Camps leisten zweifellos soziale Arbeit und bieten vielen Kindern dringend benötigte Ferien. Doch die staatlich orchestrierte Verbindung von Freizeit, Nation und Militär wirft Fragen auf: über die Instrumentalisierung junger Menschen für eine identitätspolitische Agenda und darüber, welche Art von Gemeinschaft die Regierung hier wirklich formen will.
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