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Budapest als Bühne: Orbáns Friedensgipfel brüskiert EU

Budapest/Brüssel/Washington/Moskau: Die Ankündigung, dass US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin sich in Budapest treffen könnten, hat in Ungarn und international ein geteiltes Echo ausgelöst. Während Viktor Orbáns Regierung das Treffen als diplomatischen Coup feiert, monieren Kritiker Fragen von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und diplomatischer Legitimität.

Orbáns Erleichterung und sein Narrativ der Friedensvermittlung

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán begrüßte die Nachricht unmittelbar mit einer propagandistischen Geste: In einem Post auf X bezeichnete er Ungarn als „Insel des Friedens“. In einem Interview mit dem TV-Sender Hír TV verwies er darauf, dass die Idee Budapest als Veranstaltungsort schon länger Teil seiner außenpolitischen Strategie gewesen sei – „eine konsequente, dreijährige Politik“.

Auch Außenminister Péter Szíjjártó stellte klar, dass Ungarn „seit Beginn des Krieges konsequent für Frieden eingetreten sei“ und dass man bereit sei, optimale Bedingungen für Gespräche zu schaffen, damit „der Frieden nach Europa zurückkehren“ könne.

Der politische Impuls dahinter scheint ambivalent: Einerseits signalisiert Orbán eine Rolle als Vermittler – andererseits profitiert er politisch von einem solchen Großereignis, besonders angesichts der Wahl 2026. Beobachter wiesen darauf hin, dass Putin und Trump ihn zuletzt gezielt gelobt hätten, was nahelege, dass das Treffen auch Wahlkampfunterstützung sein könnte. In den Worten des ehemaligen Außenstaatssekretärs István Szent-Iványi:

„Es ist kein Zufall, dass Putin und Trump Orbán loben und ihn in den Mittelpunkt rücken.“

Zustimmung, Zorn und Skepsis

Unter ungarischen Oppositionsparteien und Intellektuellen stieß die Ankündigung auf Ablehnung und Skepsis. Der Oppositionsführer Péter Magyar hatte selbst schon vorgeschlagen, Budapest könne als Ort internationaler Verhandlungen dienen – doch Máté Kocsis, Fraktionsvorsitzender von Orbáns Partei Fidesz, reagierte mit zynischen Worten: „Hast du den Verstand verloren?“

Juristische Kritiker warfen Ungarns Regierung vor, gegen internationale Pflichten zu verstoßen. Der Anwalt Tamás Lattmann wies darauf hin, dass Ungarn formal noch für einige Zeit lang an das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gebunden sei – und somit verpflichtet wäre, einen Haftbefehl gegen Putin durchzusetzen. Ungarns Parlament hatte im Mai einen Rückzug aus dem ICC eingeleitet, ein Beschluss der laut ICC-Statut, eine einjährige Ausstiegsfrist vorsieht.

Historiker wie Stefano Bottoni zeigten sich skeptisch, dass die Verhandlungen substanziell geführt würden. Er weisst darauf hin, dass der bereits abgehaltene Trump-Putin-Gipfel in Alaska kaum Fortschritte gebracht habe und dass offenbar keine fundierten Vorbereitungen für Budapest erkennbar seien.

Brüssel, Kyiv, Washington: Internationale Kontroversen

Aus Brüssel war die Reaktion eher reserviert bis kritisch. Viele EU-Staaten sehen das Treffen mit Misstrauen: Sie befürchten, dass der Gipfel Orbán und Russland legitimieren und die EU außenpolitisch marginalisieren könnte. Manche Kommentatoren nannten die Wahl des Ortes bereits „demütigend“ für Europa.

Aus der Ukraine kam zurückhaltende Offenheit. Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte mehrfach, dass eine starke US-Politik nötig sei, wenn Russland nicht zu ernsthaften Gesprächen bereit sei. Dass Budapest Gastgeber sein soll, sei „herausfordernd“, angesichts der engen Beziehungen Ungarns zu Moskau.

In Washington wird das Treffen mit gemischten Gefühlen gesehen. Einerseits könnte es als diplomatischer Ansatz gelten, um Russland zu Gesprächen zu bewegen. Andererseits warnen Kritiker, dass Trump damit Russland weitreichende Zugeständnisse ermöglichen könnte, insbesondere über Fragen der territorialen Integrität der Ukraine oder Sicherheitsgarantien.

Marktreaktionen signalisierten vorsichtigen Optimismus: Europaweit fielen die Kurse von Rüstungsunternehmen stark, als die Aussicht auf eine Trump-Putin-Annäherung publik wurde.

Der Kreml wiederum stellte bereits eine vorbereitende Kontaktphase in Aussicht: So soll Trump dem Vorschlag zugestimmt haben, leitende Berater zu entsenden, darunter US-Außenminister Marco Rubio und Russlands Sergei Lavrov, um Rahmenbedingungen des Treffens vorzubereiten.

Rechtliche und strategische Risiken

Rechtlicher Konflikt: Die Tatsache, dass Ungarn formal noch ICC-Mitglied ist, wirft die Frage auf, ob es sich völkerrechtlich korrekt verhält, wenn es Putin einreisen lässt. Sollte es einem gerichtlichen Antrag auf Festnahme nachkommen, stünde Budapest vor einem Dilemma.

Symbolkraft: Der Gipfel stärkt das Bild Ungarns als Brückenbauer zwischen Ost und West – aber auch als Land, das sich loslöst von zentralen EU-Positionen in der Ukraine-Politik.

Strategischer Balanceakt: Ob das Treffen wirklich zu einem echten Friedensplan führt oder lediglich taktischer Nebel ist, bleibt offen. Kritiker befürchten, dass die Ukraine „unter den Bus geworfen“ werden könnte, falls man Russland weitreichende Zugeständnisse macht.

Die Reaktionen auf die geplante Trump-Putin-Begegnung in Budapest spiegeln grundlegende Spannungen: zwischen Diplomatie und Legitimität, zwischen regionalem Vorteil und geopolitischem Gleichgewicht, zwischen symbolischer Geste und inhaltlicher Lösung. Während Orbán mit dem Gipfel einen klaren politischen Gewinner inszeniert, könnten langfristige Folgen für Ungarn, die Ukraine und die EU weitreichend und strategisch teuer sein. Erste Vorbereitungen sind bereits im Gang – doch ob der Gipfel nur ein medialer Showdown wird, hängt davon ab, wie sehr er sich wirklich den harten Fragen stellt.

Quellen: Euronews, Newsweek, Reuters, AP News, The Guardian, Reuters
Photo: Trump und Putin von Benjamin D. Applebaum – Büro des Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs. Wikimedia Commons

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