Bücher mit Melancholie und schwarzem Humor: Sebastian Garthoff im Interview
Berlin. Der Autor Sebastian Garthoff hat viele Jahre in Budapest verbracht – und darüber eine Noir-Novelle verfasst. Budapest wandelt sich darin von der Traumstadt zur Hauptstadt der Albträume. Im Pester Lloyd-Interview spricht er über seine Verbindung zu Ungarn und seine literarische Arbeit sowie sein neustes Buch Schattenmann. Das Gespräch führte Jasper Reichardt.
In deiner Noir-Novelle „Exit Budapest“ geht es um den deutschen Auslandsjournalisten Gregor Merten, der sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Kollegin begibt. Budapest wandelt sich dabei von Gregors Traumstadt zur Hauptstadt der Albträume. Wie viel Sebastian Garthoff steckt in Gregor Merten?
Bei meinen Buchprojekten ist es generell so, dass sich darin mein beruflicher Hintergrund widerspiegelt. Ich selbst war von 2006 bis 2010 Auslandsjournalist beim Pester Lloyd. Im Buch heißt die Zeitung Donaustimme. All diese Erfahrungen aus dieser Zeit – darunter auch die damaligen Proteste rund um den 50. Jahrestages des Volksaufstandes – sind in das Buch mit eingeflossen.
Wie kam es dazu, dass gerade Budapest damals deine Wahlheimat geworden ist?
Die Faszination für Budapest wurde durch den Film „Gloomy Sunday – Ein Lied von Liebe und Tod“ geweckt. In diesem Film geht es um die berühmt-berüchtigte sogenannte Selbstmörder-Hymne, das Lied vom traurigen Sonntag. Eingebettet ist diese Legende in eine komplizierte Liebesgeschichte am Vorabend und während des Zweiten Weltkriegs. Dieser Film und besonders die Hauptdarstellerin Erika Marozsán haben in meinem 15-jährigen Ich damals eine Saite zum Klingen gebracht. Nach dem ersten Urlaub in Budapest war ich dann vollends an die Stadt verloren. Ich wusste: Hier musst du hin.
Wie sehr hat das Leben in Ungarn dich selbst und dein Schreiben geprägt?
Ich habe Budapest immer als melancholische, schwermütige Stadt empfunden, in der aber auch immer wieder der Humor durchblitzt. So ein melancholischer Grundton gespickt mit einer Prise Humor durchzieht auch meine Bücher. Während meiner Zeit in Ungarn habe ich zudem viele ungarische Autoren entdecken dürfen und später auch im Original lesen können, die mich nachhaltig geprägt haben, darunter vor allem Dezső Kosztolányi, Sándor Márai und István Örkény.
Du selbst beschreibst dich als Noir-Autor. Was können wir uns darunter vorstellen?
Ich bin kein Verlagsautor, sondern überzeugter Selfpublisher. Das gesamte Buchprojekt liegt daher allein in meinen Händen, mit allen Freiheiten. Das heißt aber auch, dass ich mir bei einem Buchprojekt über alles selbst Gedanken machen muss, also zum Beispiel das Lektorat, die Covergestaltung – und auch das Marketing. Hier habe ich mich gefragt, was all meine Bücher verbindet. Und das ist eben dieser düster-melancholische Grundton, der immer wieder von schwarzem Humor aufgebrochen wird. Aus diesen Überlegungen bin ich dann auf den Begriff „noir“ gekommen, der auch an die alten Schwarzweiß-Filme erinnert. Die sind ja geprägt von harten Kontrasten und Figuren, bei denen Gut und Böse häufig verschwimmen. Das trifft auch auf meine Bücher zu.
Worum geht es in deinen weiteren Buchprojekten?
„Tote wird man nicht los“ handelt von einem Lokaljournalisten in der Provinzstadt Sonderbarhausen, der sich nicht nur mit seinen eigenen Problemen herumschlagen muss, sondern auch noch mit einer Zombiewelle. In diesem Buch verarbeite ich meine Zeit als Lokaljournalist. Das Besondere: „Tote wird man nicht los“ habe ich als Erzählung und als selbst gezeichneten Comic herausgebracht. Mein neuestes Buchprojekt „Schattenmann“ spielt in einem Berliner Großraumbüro und geht der Frage nach: Was bleibt von dir, wenn dir nichts als die Arbeit bleibt? Dabei geht es um Arbeitssucht, Entfremdung und die dunklen Seiten der modernen Leistungsgesellschaft. Das klingt düster, ist aber in erster Linie als Satire zu verstehen. Für „Schattenmann“ gibt es zudem einen eigenen Soundtrack, der über einen QR-Code im Buch abrufbar ist.
Für alle, die nun neugierig auf deine Arbeiten geworden sind: Wo gibt es deine Bücher und wo kann man dich vielleicht auch live erleben?
Leseproben und die Links zu den Büchern gibt es auf meiner Autorenseite www.sebastiangarthoff.de. Dort finden sich auch alle aktuellen Termine zu Lesungen oder Auftritten bei Buchmessen. Wer mein Autorenleben begleiten möchte, darf mir gerne auch bei Instagram folgen: @sebastiangarthoff.
Vielen Dank für das Gespräch!






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