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Moldaus grüner Aufbruch: PR-Offensive trifft auf strukturelle Realität

Erneuerbare im Aufwind, Systemfragen ungelöst

Chisinau. Mit ambitionierten Zahlen und einem optimistischen Narrativ präsentiert die Invest Moldova Agency die Republik Moldau als Vorreiter der Energiewende. Die jüngste Aussendung stilisiert die landeseigene Transformation zur „grünen Revolution“ – angestoßen durch den Bruch mit russischer Energieversorgung. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich: Der Fortschritt ist real, aber fragil.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Moldau seine Energieabhängigkeit drastisch reduziert. 2025 stammten erstmals 36 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Photovoltaik. Die installierte Leistung wurde innerhalb von vier Jahren verachtfacht. Dennoch bleibt die Versorgungssicherheit labil: Die meisten Kapazitäten sind volatil, das Netz überlastet, und ein Großteil der Stromversorgung basiert weiterhin auf Importen, primär aus Rumänien.

Die staatlich garantierten Einspeisetarife haben eine Welle von Kleininvestitionen ausgelöst. Parallel dazu agieren größere Player wie Navitas Energy als Aggregatoren. Sie bündeln die Produktion kleinerer Betreiber – aktuell rund 180 MW – und verkaufen den Strom auf dem freien Markt, auch ins Ausland. Dieses Modell schafft Marktzugang für kleine Produzenten, bleibt aber regulatorisch schwer kontrollierbar.

Ein Beispiel für das Kleininvestorenmodell ist die Bäckerei Brutăria Bardar, die ihre Produktion teils über eigene Solarpanels deckt. Doch Überschüsse lassen sich kaum kostendeckend einspeisen, und Speicherlösungen rechnen sich selten – vor allem, da ein funktionierender Spotmarkt fehlt. Derzeit arbeitet das Energieministerium an der Gründung eines nationalen Marktplatzes (OPEM), der frühestens 2026 in Betrieb gehen soll.

Die angekündigte Ausschreibung im Oktober – erstmals auch für Batteriespeicher – zielt auf dringend benötigten Netzausgleich. Ohne diesen sind weitere Zubauten kaum integrierbar. Die Aussendung bleibt diese strukturellen Schwächen schuldig – sie bevorzugt das Bild eines grünen Erfolgsmodells, das in der Realität mit einem überalterten Netz, regulatorischen Leerstellen und sozialen Härten konfrontiert ist.

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