Ungarns Behörden untersagen die Pécs Pride – Menschenrechtsorganisation TASZ ruft zum zivilen Ungehorsam auf und verspricht rechtlichen Beistand
Pécs/Budapest. Für den 4. Oktober war in Pécs eine Pride-Demonstration im Rahmen des „Freedom of my Identity“-Menschenrechtsfestivals geplant. Nun wurde sie von der ungarischen Polizei untersagt – mit Billigung der Kúria, des höchsten Gerichts des Landes. Die Begründung der Behörden: mögliche Störungen der öffentlichen Ordnung.
Die Organisation Társaság a Szabadságjogokért (TASZ) – Gesellschaft für Freiheitsrechte – verurteilt das Verbot in einer Presseaussendung scharf. In einem an Unterstützer gerichteten Rundschreiben erklärt sie, die Veranstalter seien weiterhin entschlossen, die Parade trotz staatlichen Verbots durchzuführen. „Die Frage ist erneut: Muss man ein Gesetz respektieren, das offenkundig zur Unterdrückung geschaffen wurde?“, heißt es in dem Schreiben. Die Antwort: „Ein Gesetz verdient nur dann Gehorsam, wenn es dessen auch würdig ist.“
Die TASZ ruft zur friedlichen Teilnahme an der untersagten Versammlung auf und bietet allen Betroffenen kostenlose juristische Unterstützung, sollten sie durch ihre Anwesenheit Nachteile oder Sanktionen erleiden. Laut ungarischem Ordnungswidrigkeitengesetz kann die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung als szabálysértés, also als Ordnungsverstoß, geahndet werden. Welche konkreten Konsequenzen drohen, ist bislang unklar, doch die Rechtsvertretung steht in Bereitschaft.
Repression statt Gleichberechtigung
Die Entscheidung der Behörden folgt auf eine Rekordteilnahme bei der Budapest Pride im Sommer, die trotz staatlicher Repression ohne polizeiliche Einschreitungen verlief. Beobachter werten das Verbot in Pécs nun als gezielten Versuch, die Sichtbarkeit von LGBTIQ-Gemeinschaften außerhalb der Hauptstadt zu unterdrücken. Gerade in kleineren Städten ist die Durchsetzung von Versammlungsrechten in Ungarn zunehmend abhängig vom politischen Klima und der örtlichen Polizeiführung.
Seit der Verfassungsänderung von 2020, die Ehe ausschließlich als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert, und weiteren Einschränkungen etwa bei der Darstellung von Geschlechtsidentität im Bildungsbereich, verschärft sich die rechtliche und gesellschaftliche Lage für queere Menschen in Ungarn zunehmend. Die Regierung Orbán inszeniert sich dabei als Verteidiger „traditioneller Familienwerte“ was in der Praxis bedeutet dass eine systematische Aushöhlung fundamentaler Freiheitsrechte angedacht ist.
Ziviler Ungehorsam mit rechtlicher Rückendeckung
Die TASZ betont, dass die Pécs Pride trotz Verbot ein legitimer Ausdruck des verfassungsmäßigen Rechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit sei. „Nach dem Erfolg der Budapest Pride ist es umso wichtiger, zu zeigen: Es kann nicht rechtswidrig sein, für gleiche Rechte und menschliche Würde einzustehen“, heißt es im Aufruf. Je mehr Menschen teilnehmen, desto sicherer seien alle Beteiligten.
Das Festival, in dessen Rahmen die Parade geplant war, findet unter dem Motto „Freedom of my Identity“ statt. Neben der Demonstration umfasst es Diskussionen, Workshops und kulturelle Veranstaltungen rund um Menschenrechte und gesellschaftliche Teilhabe. Der vollständige Ablauf ist über die Veranstalter zugänglich: https://www.facebook.com/events/1510613136601728/
Ein Zeichen gegen die Angst
Der Aufruf endet mit einem klaren Appell: „Zeigen wir auch in Pécs, dass Freiheit, Gleichheit und Liebe stärker sind als Angst.“ Ob die ungarischen Behörden darauf mit Repression oder Zurückhaltung reagieren, wird sich am 4. Oktober zeigen – die Augen der Bürgerrechtsbewegung Europas dürften jedenfalls auf die Straßen von Pécs gerichtet sein.
Quelle: TASZ.hu, Diverseyouthnetwork.hu
Photo: Wikicommons
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