Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Forint unter Druck – Wahlen und Wirtschaftspolitik erhöhen Risiken

Die bislang stärkste Emerging-Market-Währung des Jahres zeigt Unsicherheiten. Investoren spekulieren auf politischen Wandel und hohe Zinsen – Ein Zinswandel sowie politische Unsicherheit erhöhen das Risiko

Budapest. Der ungarische Forint, lange Zeit der Liebling internationaler Anleger im Segment der Schwellenländer, wirkt zum Jahresende hin überraschend fragil. Nach einer Rally, die ihn 2025 um 21 Prozent gegenüber dem Dollar und um sieben Prozent gegenüber dem Euro gestärkt hat, scheint die Luft draußen. Strategen großer Banken sprechen von Überbewertung, politischer Überpositionierung und einer Abhängigkeit von globaler Volatilität.

Rally gegen den Euro

Getragen wurde die Aufwertung bislang von zwei Faktoren: Ungarns vergleichsweise hohen Leitzinsen von 6,5 Prozent – den höchsten in der EU – und der Erwartung eines politischen Umbruchs bei den Parlamentswahlen im April 2026.

Analysten der Bank of America bezeichnen den Forint inzwischen als „hochgradig exponiert“ gegenüber externen Schocks und innenpolitischen Überraschungen. William Blair hat seine Gewichtung bereits reduziert, Barclays empfiehlt, Gewinne aus bullischen Positionen mitzunehmen. Der Markt sei „überfüllt“, wie es Daniel Wood, Portfoliomanager bei William Blair, formuliert: Volatilität wird erwartet.

Carry-Trade über den Forint

Ein erheblicher Teil der Zuflüsse stammt von sogenannten Carry-Trades, die in Niedrigzinswährungen finanzieren und in forintdenominierte Anleihen investieren. Zehnjährige ungarische Staatsanleihen rentieren derzeit um die sieben Prozent. Diese Strategie funktioniert jedoch nur, solange der Wechselkurs stabil bleibt. Ändert sich am Umfeld was, sind Anleger gezwungen die Carry Trades zurückzurollen – oft mit kaskadierenden Effekten.

In der vergangenen Woche geriet der Forint unter Druck, nachdem bekannt wurde, dass Ministerpräsident Viktor Orban Optionen prüft, seine Macht auch im Fall einer Wahlniederlage zu sichern. Die Reaktion der Märkte war unmittelbar: Die Währung schwächte sich ab, Anleiherenditen zogen an. Für Investoren war das ein Vorgeschmack auf die Turbulenzen, die bis zur Wahl zu erwarten sind.

Zinswende am Horizont

Sollte Ungarn einem türkischen Modell folgen, bei dem verfassungsrechtliche Hebel zur Machtsicherung genutzt werden, hätte das gravierende Folgen für Währung und Anleihemarkt. Die politische Unsicherheit ist damit zum zentralen Risikofaktor für den Forint geworden.

Seit mehr als einem Jahr verharrt der Leitzins unverändert, doch sinkende Inflation könnte den Spielraum für Lockerungen eröffnen. Deutsche-Bank-Ökonomen rechnen bereits Anfang 2026 mit ersten Zinssenkungen, sofern der Forint stabil bleibt. Am Markt wird diese Perspektive bislang weitgehend ignoriert – was das Enttäuschungspotenzial erhöht.

Binäres Szenario bis zur Wahl

Für die kommenden Monate zeichnen Analysten ein binäres Szenario. Ein Wahlsieg der oppositionellen Tisza-Partei um Péter Magyar könnte den Forint laut BofA auf 360 je Euro oder stärker treiben – ein Niveau, das zuletzt Anfang 2022 erreicht wurde. Ein erneuter Sieg Orbans hingegen könnte eine rasche Abwertung bis in den Bereich von 390 auslösen.

Manche Investoren sehen in der politischen Unsicherheit sogar eine Chance. Wahlen könnten „gesunde Volatilität“ bringen, wie sie jüngst in Rumänien zu beobachten war, wo Turbulenzen letztlich in eine Rally mündeten. Doch dieser Optimismus ist vorsichtig dosiert. BNP Paribas etwa will seine Positionierung erst zeitlich näher am Wahltermin neu bewerten.

Mit einem volatilen Forint ist in den nächsten Monaten jedenfalls zu rechnen.

Quellen: Bloomberg
Photo: Hungarian Forint, via Wikipedia

Gib den ersten Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Unabhängig - Pluralistisch - Traditionsreich - Europäisch - Die Zeitung für Ungarn und Osteuropa