Ungarns Premier spricht von einer „Kriegserklärung“, falls eingefrorene russische Vermögen für die Ukraine genutzt werden und beruft sich auf direkten Austausch mit Putin.
Brüssel/Budapest. Kurz vor dem entscheidenden EU-Gipfel zur finanziellen Absicherung der Ukraine verschärft Viktor Orbán den Ton. Der ungarische Ministerpräsident warnte, Moskau werde genau registrieren, welche Mitgliedstaaten einen geplanten EU-Kredit zugunsten Kyivs unterstützen -finanziert über eingefrorene russische Zentralbankvermögen. Russland werde darauf reagieren, erklärte Orbán unter Berufung auf einen direkten Briefwechsel mit Wladimir Putin.
Reparationskredit
Im Zentrum der Debatte steht ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die Erträge aus rund 210 Milliarden Euro an eingefrorenen russischen Vermögenswerten als Sicherheit für einen sogenannten Reparationenkredit zu nutzen. Der Großteil dieser Gelder liegt beim belgischen Finanzdienstleister Euroclear. Mit dem Instrument soll die Ukraine in den Jahren 2026 und 2027 finanziell über Wasser gehalten werden.
Orbáns kategorische Ablehnung
Orbán, der seit Beginn des russischen Angriffskriegs eine Sonderrolle innerhalb der EU einnimmt, lehnt das Vorhaben kategorisch ab. Auf dem Flug nach Brüssel sagte er Journalisten, er habe Putin explizit gefragt, ob Russland die Beschlagnahmung seiner Reserven und das Abstimmungsverhalten einzelner Staaten als feindlichen Akt werten würde. Die Antwort aus Moskau sei eindeutig gewesen: Man werde „mit allen Instrumenten des internationalen Rechts“ reagieren.
„Wir Ungarn haben uns geschützt und klar gemacht, dass wir die Enteignung eingefrorener Währungsreserven keines Landes unterstützen“
sagte Orbán. Nicht nur Russland sei betroffen, sondern ein grundlegendes Prinzip des internationalen Finanzsystems.
Die Wortwahl ist eskalierend. Die dauerhafte Blockade russischer Vermögen bezeichnete Orbán als Schritt in Richtung einer „bürokratischen Diktatur“ in Brüssel. Eine Übertragung der Gelder an die Ukraine käme einer „offenen Kriegserklärung“ gleich. Dass der entsprechende Beschluss zur Einfrierung der Vermögen nur durch Ausrufung eines wirtschaftlichen Notstands und die zeitweise Aussetzung nationaler Vetorechte möglich war, gilt in Budapest als weiterer Beleg für einen Machtmissbrauch der EU-Institutionen.
Widerstand auch abseits Ungarn
Belgien, auf dessen Territorium der Großteil der Vermögenswerte liegt, fordert umfassende und „autonome“ Garantien der EU, um sich gegen mögliche russische Gegenklagen abzusichern. Malta, Italien, Bulgarien und Tschechien drängen ebenfalls auf Alternativen – etwa die Ausgabe gemeinsamer EU-Schulden.
Vorsichtige Öffnung der EU-Kommission
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich zuletzt auffallend offen für einen solchen Kurswechsel. In einer Rede vor dem Europäischen Parlament deutete sie an, dass auch eine Finanzierung über gemeinsame Anleihen geprüft werde. Der Zeitdruck ist erheblich: Nach Berechnungen der Kommission droht der Ukraine ab April kommenden Jahres ein akuter Finanzierungsengpass. Für 2026 und 2027 beläuft sich das Haushalts- und Militärdefizit auf rund 135 Milliarden Euro.
Quellen: Euractiv, Europäische Kommission, EU-Ratsdokumente
Photo: Orban, Putin von EPA




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