Ungarn inszeniert sich als Schutzmacht der Ungarn in Transkarpatien – und nutzt den Konflikt mit der Ukraine zur politischen Selbstvergewisserung gegenüber Brüssel.
Budapest. Außenminister Péter Szijjártó erklärte am Montag, Ungarn werde „keinen Millimeter nachgeben“, solange die Ukraine die Minderheitenrechte ungarischer Staatsbürger in Transkarpatien nicht vollständig wiederherstelle. Die Aussagen fügen sich in die Eskalationsstrategie ein, mit der die Regierung Orbán zugleich Brüssel und Kyiv unter Druck setzt.
Szijjártó sprach vor dem Parlamentsausschuss für nationale Kohäsion und bekräftigte den unnachgiebigen Kurs der Regierung in der Transkarpatien-Frage. Die Ukraine, so der Minister, habe „seit 2015 zahlreiche Rechte der ungarischen Minderheit entzogen“, und Brüssel versuche nun, Budapest zum Einlenken zu bewegen. Das werde, so Szijjártó, „nicht geschehen“.
Ungarns konstruiert sich als Schutzmacht der Magyaren in der Ukraine
Ungarn stehe „unter massivem Druck von EU-Institutionen und mehreren Mitgliedstaaten“, doch die Regierung bleibe standhaft. Der Vorwurf, man verweigere Verhandlungen, sei „eine Lüge“ – in Wahrheit seien es die Ukrainer, die „Propaganda verbreiten und in Brüssel lügen“. Damit wiederholte Szijjártó die rhetorische Linie, den Konflikt um Minderheitenrechte als Beispiel ungarischer Souveränität gegen äußere Einmischung zu stilisieren.
Parallel präsentierte der Minister Zahlen, die die Reichweite des sogenannten Karpatenbecken-Entwicklungsprogramms illustrieren sollen: über 62.000 geförderte Investitionen, davon allein 34.000 in Transkarpatien, mit staatlicher Unterstützung von rund 242 Milliarden Forint. Die Erwähnungen zeigen wie eng Minderheitenpolitik und wirtschaftliche Einflussnahme verschränkt sind.
Nur heiße Luft?
Unabhängige Beobachter wie etwa der ORF-Kriegsreporter Christian Wehrschütz erteilen der Diskriminierung der Magyaren in Transkarpatien auf Nachfrage im Pester Lloyd Interview eine Kategorische Absage:
„Zur Diskriminierung der Ungarn in Transkarpatien: Ich konnte in den vergangenen drei Jahren keine Diskriminierung feststellen.“
Die EU reagiert bisher zurückhaltend. In Brüssel gilt Ungarns Haltung als gezieltes Hindernis im Kontext der ukrainischen EU-Beitrittsverhandlungen. Schon mehrfach blockierte Budapest Beschlüsse, um Druck in der Minderheitenfrage auszuüben – zuletzt bei der Freigabe von Beitrittsmitteln.
Es hat den Anschein dass die ungarische Regierung den Konflikt bewusst aufrechterhält, um ihre Nähe zu Moskau zu kaschieren und ein national-patriotisches Narrativ zu konstruieren. Szijjártós jüngste Angriffe auf Kyiv und Brüssel folgen dem bekannten Muster: Sie verschieben den außenpolitischen Diskurs von Kooperation zu Konfrontation und festigen Orbáns Bild vom belagerten, aber „standhaften Ungarn“.
Quellen: MTI.hu, Index.hu, Reuters, Kyiv Post, Pester Lloyd Interview
Photo: Die Ungarische Minderheit im Zarkarpattia Oblast, Wikicommons, CC-ASA 4.0




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