Wien/Budapest. Der österreichische Politikwissenschaftler Anton Pelinka ist am 3. Oktober 2025 im Alter von 83 Jahren verstorben. Pelinka gehörte über Jahrzehnte zu den profiliertesten Stimmen der Demokratieforschung im deutschsprachigen Raum und zählte zu den frühesten und schärfsten Kritikern autoritärer Tendenzen im heutigen Ungarn.
Nach über 25 Jahren an der Universität Innsbruck – davon mehrere Jahre als Dekan – wechselte Pelinka 2006 an die von George Soros gegründete Central European University (CEU) in Budapest. Dort lehrte er bis zur faktischen Vertreibung der Universität durch die Orbán-Regierung im Jahr 2018. Bereits 1994 war Pelinka als Senior Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Budapest tätig.
In der Auseinandersetzung um die CEU und den zunehmenden Autoritarismus in Ungarn wurde Pelinka selbst zur Zielscheibe: 2018 listete ihn die regierungsnahe Wochenzeitung Figyelő namentlich als angeblichen „Soros-Söldner“ – gemeinsam mit 200 anderen Journalisten, NGO-Vertretern und CEU-Kollegen. Der Professor reagierte mit Besonnenheit, aber Klarheit: Seine Tätigkeit an einer unabhängigen Universität sei offenbar Provokation genug.
Seine kritischen Einschätzungen zur demokratischen Entwicklung Ungarns wurden breit rezipiert. Pelinka warnte früh vor einer politisch gleichgeschalteten Medienlandschaft, autoritärer Gesetzgebung durch Parlamentsmehrheiten und dem Missbrauch nationalistischer Narrative. In einem Interview mit Cicero sagte er bereits 2011 über Orbán: „Er hat sich sehenden Auges des Verdachts ausgesetzt, dass er [wie Lukaschenko] werden könnte.“
Pelinka war kein Aktivist, sondern Wissenschaftler. Einer, der politische Klarheit nicht dem akademischen Zögern opferte. Er verband analytische Präzision mit einem entschiedenen Bekenntnis zu demokratischen Grundwerten. Seine Stimme wird fehlen – nicht nur in Österreich.
Photo: Anton Pelinka auf einer Pressekonferenz im Jüdischen Museum Wien, Wikicommons
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