Budapest/Moskau/Warschau. Der überraschende Moskau-Besuch von Viktor Orbán am 28. November 2025 beim russischen Präsidenten Wladimir Putin hat in der Europäischen Union unmittelbare Folgen ausgelöst: Der polnische Präsident Karol Nawrocki sagte daraufhin ein ursprünglich für Anfang Dezember geplantes Treffen mit Orbán ab.
Orbán in Moskau
Orbán reiste am vergangenen Freitag zum Kreml, um mit Putin über Öl- und Gaslieferungen für Ungarn zu verhandeln – trotz der fortgesetzten diplomatischen Isolation Moskaus wegen des Kriegs in der Ukraine. In einer offiziellen Stellungnahme erklärte Orbán:
„Russische Energie ist die Grundlage der ungarischen Energieversorgung, jetzt und in Zukunft.“
Putin begrüßte Orbáns Haltung: Er lobte dessen „balancierte Position“ im Ukraine-Konflikt. Zugleich unterstrich Orbán, dass er neben der Energieversorgung auch politische Initiativen vorantreiben wolle – etwa die Idee einer Friedenskonferenz in Budapest zwischen Russland, den USA und der Ukraine.
Die ungarische Regierung stützt ihre Strategie auf eine Ausnahme von US-Sanktionen, die es erlaubt, russisches Öl und Gas weiter zu importieren. Orbán betonte, Ungarn wolle diesen Vorteil nutzen, um die Energieversorgung im Winter und darüber hinaus zu sichern.
Warschau reagiert – Treffen abgesagt, Visegrád-Gipfel bleibt
Als direkte Reaktion auf Orbáns Kreml-Reise kündigte Nawrocki laut offizieller Mitteilung an, dass er auf den für den 4. Dezember in Budapest angesetzten bilateralen Termin mit Orbán verzichte. Der Grund: Orbáns Besuch in Moskau und die damit verbundenen energie- und außenpolitischen Signale. Stattdessen wird sich Nawrocki auf seinen Besuch beim Gipfel der Präsidenten des Visegrád Group (V4) am 3. Dezember in Ostrzyhom beschränken.
Marcin Przydacz, Leiter des Büros für internationale Politik im polnischen Präsidialamt, erklärte, Nawrocki setze auf eine für Europa verbindliche Haltung gegen Russlands Krieg – und halte an dem Prinzip fest, dass Europas Sicherheit auf Solidarität beruhen müsse, auch im Energiebereich.
Bedeutung für Europa
Der Schritt Warschaus markiert einen offenen Bruch mit Orbáns Orientierung. Zwar sind Orbán und Nawrocki ideologisch bislang auf vielen Gebieten nahe – nicht zuletzt in Fragen der Innenpolitik und im konservativen Spektrum. Doch beim Verhältnis zu Russland klaffen die Positionen klar auseinander. Der Moskauer Besuch zeigt deutlich, dass Orbán Russlands Energiepartnerschaft aktiv nutzt – ein Kurs, der für viele EU-Partner unvereinbar ist.
Der Verzicht auf das bilaterale Treffen zeigt, dass für Warschau Energie- und Außenpolitik über oft politischen Allianzen steht. Der V4-Gipfel könnte nun zum Schauplatz einer neuen Balance zwischen nationalen Interessen, Solidarität mit der Ukraine und innereruropäischer Kooperation werden.
Orbáns Moskau-Besuch sichert kurzfristig Energieimporte und gibt Ungarn innenpolitisch Stabilität. Er belastet jedoch nachhaltig das Vertrauen seiner Partner in Ost- und Mitteleuropa.
Quellen: Euro News, The Guardian, notesfrompoland.com.
Photo: Karol Nawrocki am 30. März 2025. Marsilar/Wikipedia




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