Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Ungarn stellt sich quer – Szijjártó setzt in New York auf „Frieden statt Narrative“

New York/Budapest. Außenminister Péter Szijjártó erklärte in New York, Ungarn wolle auf der diesjährigen UN-Generalversammlung nicht der „Brüsseler Erzählung“ über den Krieg in der Ukraine folgen, sondern primär Frieden fördern. Dabei handle das Land im Interesse seiner Souveränität und wolle Initiativen unterstützen, die zur Beilegung von Konflikten beitragen: „jedem Vorstoß, der für Frieden steht, wird Ungarn zustimmen, jedem, der gegen Frieden arbeitet, wird es sich verweigern.“

Welche und warum, bleibt wie von Szijjártó gewohnt im Dunkeln. Es wird erwartet dass Ungarn nicht nur in Sachen Ukraine Krieg sondern auch bezüglich Israels andauernden völkerrechtswiddrigen Krieg die Linie der EU konterkariert. Eine Anerkennung Palästinas, wie von zahlreichen Staaten der EU angekündigt, ist nicht zu erwarten.

Themen & Agenda der UNGA 2025

Nach offiziellen EU-Unterlagen stehen auf der Agenda der 80. Sitzung der UNGA vom 23. Bis zum 29. September 2025 mehrere Kernthemen: multilateralistische Reformen, Friedens- und Sicherheitsarchitektur der UN, nachhaltige Entwicklung gemäß der Agenda 2030 sowie Geopolitik.

Ein spezieller Punkt ist die Frage der friedlichen Beilegung des Palästina-Konflikts und der Rehabilitation der Zwei-Staaten-Lösung. Bei einer Konferenz am 22. September betonte EU-Präsident António Costa diese Linie ausdrücklich: sofortiger Waffenstillstand, uneingeschränkter humanitärer Zugang in Gaza sowie die Freilassung sämtlicher Geiseln. Auch wurden Forderungen gestellt, die Eskalation im Westjordanland zu beenden und illegale Siedlungen einzustellen.

Ein Interessanter Punkt ist die Verabschiedung der „New York Declaration on the Peaceful Settlement of the Question of Palestine and the Implementation of the Two-State Solution“. Die Erklärung fordert die Schaffung eines souveränen palästinensischen Staates und verknüpft dies mit politischen und humanitären Bedingungen.

Palästina und Europas Haltung

  • Länder wie Grossbritannien, Kanada, Australien und Portugal haben am 21. September 2025 offiziell den Staat Palästina anerkannt. Darüber hinaus haben sich Frankreich, Malta, Luxemburg, Belgien, Andorra und Monaco dieser Anerkennung angeschlossen oder angekündigt, sie im Rahmen der UN-Generalversammlung zu vollziehen.
  • Die EU insgesamt befürwortet weiter die Zwei-Staaten-Lösung. Gleichzeitig wird betont, dass jede Anerkennung oder diplomatische Initiative eingebettet sein müsse in konkrete Maßnahmen: humanitäre Hilfe, Schutz der Zivilbevölkerung, Zugang zu Versorgung, die Freilassung von Geiseln sowie das Ende der Siedlungspolitik.

Ungarns mögliche Position & Implikationen

Auf Basis der Aussagen Szijjártós lässt sich Ungarns Position wie folgt skizzieren:

  1. Uneingeschränkter Frieden als Priorität. Ungarn will Frieden als übergeordnetes Prinzip gelten lassen – gegen Narrative, die Konflikte weiter anheizen oder politisch instrumentalisiert werden.
  2. Eigenständigkeit gegenüber EU-Linie. Szijjártó betont, er wolle nicht getrieben sein von einer gemeinsamen EU-Kommunikation („Brüsseler Narrative“) und werde nationale Interessen vertreten. Das könnte heißen: Ungarn könnte sich enthalten oder eigene Formulierungen bevorzugen, wenn EU-Resolutionen oder die Impression der Anerkennung von Palästina zu eng formuliert sind.
  3. Unterstützung für Initiativen „die Frieden bringen“. Ob Ungarn eine formelle Anerkennung Palästinas mitträgt, ist offen: möglich ist, dass zwar zugestimmt wird , aber an starke humanitäre oder politische Bedingungen geknüpft wird, die Israel bevorzugen.
  4. Vorsicht bei Konfrontation mit Israel oder den USA. Ungarns diplomatische Linie unter Orbán ist unter Trumps USA und Netanjahus Israel äußerst unkonfrontativ.

Ungarns Ansatz

  • Die EU versucht, durch Anerkennungen, Resolutionen und diplomatische Gespräche den Druck zu erhöhen, nicht nur um wie in der Vergangenheit hauptsächlich symbolische Signale zu setzen, sondern auch, um Rahmenbedingungen für einen dauerhaften Frieden zu stärken.
  • Ungarns Haltung stellt eine Herausforderung für die EU-Einigkeit dar: Wenn einzelne Mitgliedsstaaten wie Frankreich aktiv Palästina anerkennen, andere zurückhaltend bleiben, droht Uneinigkeit, was die Wirkung der EU insgesamt schwächen kann.
  • Gleichzeitig könnte Ungarns Betonung von „Frieden zuerst“ auch eine Brücke sein: Wenn die EU eher auf pragmatische, verhandelbare Lösungen pocht, könnte Ungarns Position Interesse wecken: vor allem bei Staaten, die einen ähnlichen Kurs fahren.

Ausblick

  • In den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob Ungarn formell einer Anerkennung Palästinas beitritt oder sich enthalten wird.
  • Es wird außerdem entscheidend sein, wie stark die Resolutionen im Rahmen der UNGA sind – etwa politische Verpflichtungen, humanitäre Garantien oder Einschnitte bei Siedlungspolitik.
  • Ungarn könnte versuchen, sich als Vermittler oder als Stimme der sogenannten „friedensorientierten Neutralen“ zu profilieren – was innenpolitisch gewinnbringend sein könnten, aber außenpolitisch mit Spannungen verbunden ist, insbesondere mit EU-Partnern, Israel oder den USA.

Quellen: MTI.hu, consilium.europa.eu, UN Press

Photo: Patrick Gruban, zugeschnitten und vereinfacht von Pine – ursprünglich auf Flickr als UN-Generalversammlung gepostet

Gib den ersten Kommentar ab

    Schreibe einen Kommentar