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(c) Pester Lloyd / 06 - 2017 POLITIK 09.02.2017
Rechtsextreme Übergriffe in Gyöngyöspata 2011: Kurie sieht Versagen der Polizei, aber keinen Rassismus
Sechs Jahre, nachdem Neonazis im Dorf Gyöngyöspata tagelang die Polizeigewalt übernahmen, die örtliche Roma-Minderheit terrorisierten und die staatlichen Behörden tatenlos dabei zuschauten, ist die juristische Aufarbeitung immer noch nicht abgeschlossen.
Die Kurie, Ungarns Oberster Gerichtshof, hat in einem Urteil festgestellt, dass die Polizei die bedrängten Bürger nicht ausreichend vor der extremistischen Gruppe beschützt hat und ihren Pflichten nicht wie vorgeschrieben nachkam. (Die Polizei wurde erst aktiv, nachdem die Sache in den internationalen Medien einen solchen Wirbel produzierte, dass der Innenminister Pintér selbst einschritt.) Damit hob man ein eigenes früheres Urteil wieder auf, nachdem die Menschenrechtsgruppe TASZ interveniert hatte.
Die Widersprüchlichkeit des von Orbán installierten Gremiums hört hier aber nicht auf, denn gleichzeitig hielt man ein anderes Urteil aufrecht, wonach man der Polizei bei ihrem Versagen keine rassistischen Motive unterstellen könne. Diese wären auch nicht erkennbar, in der Durchsetzung von rigiden Strafen gegen Angehörige der Romaminderheit im Laufe des Einsatzes. So wurde u.a. eine Mutter mit mehreren hundert Euro Strafe belegt, weil sie mit ihrem Kinderwagen auf der Fahrbahn entlangging und nicht auf dem Bürgersteig - der dort gar nicht vorhanden war.
Nachdem die Polizei die Lage irgendwann - mehr schlecht als recht - wieder beruhigt hatte und den Anstiftern der Übergriffe nachstellte, nahm sich der "Kommandeur" der örtlichen Bürgerwehr das Leben. Als "Lehre" aus den Vorfällen wählte sich die "weiße" Mehrheit des Ortes einen Neonazi zum Bürgermeister, der seitdem die Diskriminierung amtlicherseits vornimmt. Etliche Romafamilien wanderten ab.
red.
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