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(c) Pester Lloyd / POLITIK       28. März 2020


Coronavirus Ungarn:

Update, 3. April:
Die offiziellen Fallzahlen zum Coronavirus in Ungarn sind nicht vertrauenswürdig, wir werden sie daher nicht weiter veröffentlichen. Die Testdichte ist viel zu gering, die Herkunft der Zahlen ist völlig unbekannt. Das Militär, das die meisten staatlichen Krankenhäuser besetzt hat, hat die Meldung der Todesfälle an die Regierung selbst übernommen.

Update, 1. April: Ungarn meldete am Dienstagabend, 31. März, 492 bestätigte Coronavirus-Fälle, vor fünf Tagen waren es 300. 16 Menschen starben demnach an Covid-19, 37 wurden als geheilt entlassen. 61 Menschen seien in häuslicher Quarantäne, 14.146 Tests wurden bis dato umgesetzt. Zum Vergleich: In Österreich waren es bis gestern über 52.000 Tests, im Nachbarland wurden bis dato 9.900 Infizierte registriert.

Von den zehn Verstorbenen hätten alle bis auf einen bedeutende Vorerkrankungen gehabt, vor allem Herz-Kreislauferkrankungen, die meisten waren über 70 Jahre alt, der jüngste 37, der älteste 94. Der Krisenstab ergänzte "zunächst sollten Gesundheitspersonal und Sicherheitskräfte Schutzmasken tragen, wenn man sich damit sicherer fühlt, könnten Bürger aber gerne auch dazu greifen."


Schwammige Ausgangssperre

Seit Samstag, 28. März, gilt auch in Ungarn eine grundsätzliche Ausgangssperre. Premier Orbán verkündete die vergleichweise spät ergriffenen Maßnahmen höchstselbst im öffentlichen Radio, verwirrte mit einigen Aussagen mehr als er erkärte und schmückte alles wieder mit kriegerischen Parolen aus.

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Leergefegte Straßen an der Stephans-Basilika in Budapest. Foto: MTI

Das Haus darf jetzt noch verlassen werden für Einkäufe von Lebensmitteln, Gänge zur Apotheke, Betreuung von Angehörigen, für den Arbeitsweg, aber auch, um Kinder in Schulen und Kindergärten zu bringen, wenn die Eltern arbeiten müssen und keine andere Betreuung finden. Vor letzterer Maßnahme warnen Mediziner und sie sind in anderen Ländern mit echten Ausgangssperren auch vollkommen untersagt, weil Kinder als sogenannte Super-Spreader gelten, auch wenn sie selbst unter der Krankheit durch Covid-19 meist nicht so stark leiden wie ältere.

Lebensmittelgeschäfte sind zudem von 9 bis 12 Uhr ausschließlich für Menschen ab 65 Jahre reserviert. Verwirrung stiftete Orbáns Ansage, dass "die Menschen schon noch rausgehen können, nur sollten sie körperlichen Kontakt vermeiden, entspannter sind die Regeln wenn es um Familienmitglieder geht." - Diese schwammige Kommunikation öffnet der Willkür der Sicherheitsorgane Tür und Tor. Geldstrafen von 5.000 bis 500.000 Forint können sofort verhängt werden.

Orbán erklärte, dass er für die zweite Aprilwoche ein Wirtschaftshilfspaket bekanntgeben wolle. "Ich danke allen Ungarn, denn wenn es einen Krieg gibt - und wir sind in einem Krieg - ist das Hinterland so wichtig wie die Frontlinie." Es gehe darum, die Infektionsrate zu verlangsamen, das Virus auszurotten werde erst mit einem Impfstoff gelingen. "Wir wollen die verletztlichsten Bevölkerungsgruppen von den Jungen möglichst trennen", so Orbán.

Gleichzeitig hat die Regierung "uniformierte Krankenhauskommandeure" ernannt, die alle ungarischen Krankenhäuser ab Montag übernehmen sollen. Ihnen unterliegen alle Entscheidungen außerhalb des unmittelbar medizinischen. "Was das Land unternimmt, ist ein militärischer Schlachtplan", so Orbán wieder im militärischen Duktus. "Wenn alles gut geht, könne man die Beschränkungen bald lösen". Sie gelten zunächst bis 11. April, die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen aber, das auch Ungarn mit 4-8 Wochen starker Restriktionen rechnen muss.

Im übrigen ist "Politik nicht das, was wir derzeit brauchen, sondern Einheit". Er sei enttäuscht, dass er im Parlament in der Vorwoche nicht die nötige Unterstützung bekommen habe. Das hätte einige Entscheidungen in der Luft gelassen. Das Parlament sei ihm aber auch egal, er müsse "Leben retten", daher habe er auf eigene Faust die Einreisesperren verlängert. Dazu gehört auch, dass zum Beispiel Lkw-Fahrer, die nach Ungarn Ware transportieren, sofort in Quarantäne gesteckt werden, auch wenn sie für ausländische Unternehmen arbeiten. Der Warentransport aber gilt EU-weit als Basisdienstleistung.

Kritik an seinem
angestrebten Ermächtigungsgesetz wies er zurück. "Die EU kann das gerne untersuchen... viel Glück damit. Es gibt Zeiten, da hilft es nicht mehr, nett zu sein." Eine Erklärung, warum das Militär eine so zentrale Rolle bei der Umsetzung der Anti-Corona-Maßnahmen bekommt und die normalen Polizeikräfte dafür nicht ausreichen, gab Orbán nicht.

Am Freitag gab es in Ungarn 300 bestätigte Coronavirus-Infizierte. 9.275 Tests wurden durchgeführt, eine Anzahl, die extrem gering ist, Ungarn hat eine so geringe Testdichte, dass hier nicht einmal die üblichen Hochrechnungsmodelle greifen, zumal Quellen aus Krankenhäusern davon sprechen, dass die Zahl der an Covid-19 verstorbenen Menschen nicht den veröffentlichten Daten entspricht.

Die Sicherstellung der Grundbedürfnisse wird immer mehr von der Armee übernommen. Diese meldete jetzt selbst die ersten zwei Ansteckungsfälle, ein Militärarzt am Militärkrankenhaus in Budapest, das auch als Regierungskrankenhaus fungiert sowie ein Offizier, der kürzlich von einer Schulung aus Deutschland zurückgekommen sein soll. Rund 3.000 Soldaten seien derzeit im Einsatz. Sie hätten für 5.320 Menschen häusliche Quarantäne angeordnet und 3.200 Inspektionen durchgeführt, - sind also zur Gänze als eine Polizei tätig.

red.




 




 

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