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Ungarn und die EU-Gelder: Milliardenförderung trifft auf systemische Korruption

Minister Tibor Navracsics preist Ungarns Effizienz bei der Nutzung europäischer Mittel. Tatsächlich gelten zentrale Programme als blockiert, Kontrollstrukturen als dysfunktional und Förderwirkungen als politisch verzerrt.

Budapest. In der jährlichen Anhörung vor dem EU-Ausschuss des Parlaments erklärte Regionalentwicklungsminister Tibor Navracsics, Ungarn habe zwischen 2014 und 2020 über 1300 Milliarden Forint aus Brüssel erhalten, mehr als 52 000 Projekte abgeschlossen und im laufenden Zyklus 2025 bereits 439 Milliarden Forint abgerufen. Die Verwendung der EU-Gelder sei effizienter als im letzten Haushaltszeitraum, trotz schwieriger Rahmenbedingungen.

Die Zahlen vermitteln Aktivität, nicht Wirkung. Während sich Navracsics auf abgeschlossene Projekte und Fördervolumen beruft, bleiben zentrale Aspekte offen: Wie nachhaltig sind diese Investitionen? Welche strukturellen Verbesserungen wurden erzielt? Und warum zählt Ungarn trotz jahrzehntelanger Förderung weiterhin zu den Schlusslichtern der EU bei Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und regionaler Entwicklung?

Eingefrorene EU-Hilfen

Tatsächlich hält die Europäische Kommission derzeit rund 18 Milliarden Euro an Fördermitteln zurück. Grund sind systemische Mängel bei der Mittelvergabe, fehlende Kontrollmechanismen und eine manipulierte Auftragsvergabe. Das seit 2022 aktive Konditionalitätsverfahren bleibt in Kraft, da Ungarn weder eine unabhängige Justizreform noch ausreichende Antikorruptionsmaßnahmen vorgelegt hat.

Laut Transparency International belegt das Land weiterhin den letzten Platz unter allen EU-Mitgliedstaaten im Korruptionswahrnehmungsindex. Die OECD kritisiert Ungarn offen für die Weigerung, Empfehlungen gegen internationale Bestechung umzusetzen. Der Europäische Rechnungshof bemängelt ein Kontrollsystem, das Missbrauch systematisch begünstige.

Was kommt bei der Bevölkerung an?

Trotz milliardenschwerer Transfers stagnieren große Teile des Landes: Drei von sieben Regionen zählen weiterhin zu den ärmsten der EU. Studien belegen, dass Fördermittel vorrangig in zentrale Infrastruktur und regierungsnahe Projekte fließen, während Investitionen in Bildung, soziale Kohärenz oder langfristige Innovationsfähigkeit vernachlässigt werden.

Die von Navracsics beschworene Effizienz ist eine politische Erzählung. Die realen Befunde sprechen für ein Förderumfeld, das strukturelle Ungleichheiten verstärkt, Transparenz unterläuft und das Vertrauen in europäische Instrumente nachhaltig beschädigt.

Quellen: Transparency International, Europäische Kommission, OECD, Europäischer Rechnungshof, Balkan Insight
Photo: Minister Tibor Navracsics auf der jährlichen Anhörung des Komitees für europäische Affairen, MTI/Zoltán Balogh

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