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WJP-Index 2025: Orbáns Ungarn auf Platz 79 - Rechtsstaatlichkeit

Budapest. Der aktuelle World Justice Project (WJP) Rule of Law Index zeigt für Ungarn erneut eine erschreckende Rechtsstaatlichkeitslage: Im Ranking von 143 untersuchten Staaten belegt Ungarn Platz 79. Damit steht das Land innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten erneut an letzter Stelle und verliert seit Jahren kontinuierlich an Boden.

Der Index basiert auf hundertentausend Haushaltsbefragungen sowie mehreren tausend Experten-Interviews. Gemessen werden acht Faktoren: Beschränkungen staatlicher Macht („Constraints on Government Powers“), Korruptionsfreiheit, offene Regierung, Grundrechte, Ordnung und Sicherheit, Regulierung, Zivil- und Strafjustiz. Bei allen acht Faktoren weist Ungarn Rückgänge auf – so WJP-Direktorin Alicia Evangelides gegenüber Euronews.

Besonders alarmierend: In der EU-Region landete Ungarn innerhalb der 31 Staaten auf Platz 31 – also Schlusslicht. In der globalen Tabelle liegt es nur knapp hinter Ländern wie Brasilien. Die Ursachen reichen von geschwächten Institutionen über mangelnde Medien- und Justizunabhängigkeit bis zur Einflussnahme durch Exekutive und dem Regierungs-Parteiapparat.

Gesamtergebnis Ungarns, 2025 von worldjusticeproject.org

Warum fällt Ungarn zurück?

Mehrere Entwicklungen zeichnen das Bild:

  • Die systematische Zentralisierung von Macht und die Schwächung kritischer Institutionen erschweren demokratische Kontrolle.
  • Gesetzes- und Verfahrensänderungen begrenzen Grundrechte, freie Medien und unabhängige Justiz.
  • Korruptionsindikatoren verschlechtern sich – etwa durch Staatsaufträge und Fördermittelvergabe in Regierungs-Parteikreisen.
  • Der WJP-Index gilt als solide Datenquelle die politischen Implikationen sind brisant: Ein niedriger Rang wirkt als Warnung für Investoren und internationale Partner.

Die Rechtsstaatliche Lage ist von großer Bedeutung: Außenpolitisch gegenüber der EU und wirtschaftlich bei Investitionsentscheidungen. Der WJP-Index liefert keine Prognose, aber ein klares Warnsignal.

Ungarns bekanntester Korruptionsaufdecker Ákos Hadházy spricht über die systematische Umgestaltung des Staates unter Viktor Orbán, die Finanzierung des Landsitzes in Hatvanpuszta, verdeckte Auslandstransaktionen und seine Erwartungen an die Parlamentswahl 2026.

Wahljahr 2026: Herausforderung für die Orbán-Regierung

In Ungarn sind für April 2026 die nächsten Parlamentswahlen angesetzt. Für die Regierungskoalition unter Viktor Orbán und der Partei Fidesz ist der kritische Rechtsstaatsbefund des WJP ein unangenehmer Druckfaktor:

  • Eine stagnierende bzw. sinkende internationale Reputation trifft auf wachsende innenpolitische Unzufriedenheit mit Inflation, Wohn- sowie Lebenskosten und staatlicher Kontrolle.
  • Die Opposition ist laut Umfragen im Aufwind: Der Herausforderer Péter Magyar mobilisiert vor allem urbane Wählergruppen und jene, die Reform erwarten.
  • Das schwache WJP-Ergebnis gibt der Opposition ein außenpolitisch und demokratiepolitisch glaubwürdiges Argument: Eine Regierung mit sinkender Rechtsstaatlichkeit riskierte nicht nur Reputation, sondern konkret EU-Mittel und Förderprogramme.

Wenn die kommenden Wahlen im Eindruck stehen, dass die Fairness nicht gegeben ist, wird die Legitimität der Ergebnisse in Frage gestellt.

Orbáns Stabilität bröckelt

Ungarns Platzierung im WJP-Index reflektiert einen institutionellen Trend. Für die Fidesz-Regierung wächst damit das politische Risiko. Im Wahljahr 2026 könnte die Kombination aus Rechtsstaatlichkeits-Problem, ökonomischem Druck und einer oppositionellen Dynamik die bisher dominante Position von Orbáns Regierung stürzen.

Quellen: World Justice Project Rule of Law Index 2024/2025, Euronews, The Guardian
Photo: Globaler Rechtsstaatlichkeitsindex als Karte, erstellt von worldjusticeproject.org

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