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(c) Pester Lloyd / 36 - 2011  WIRTSCHAFT 15.09.2011

 

Zahltag

Eine halbe Milliarde Euro Strafe für Giftschlammschäden in Ungarn

Mit einem Bußgeld in nie dagewesener Höhe hat der ungarische Staat den mutmaßlichen Verursacher der Giftschlammkatastrophe vom Oktober 2010 belegt. Wahrscheinlich wird das Unternehmen damit in den Bankrott getrieben, was deutlich macht, dass es sich in erster Linie um eine politische Strafmaßnahme handelt. Vielen Opfern ist damit - trotz Wohnungsbauprogramm - immer noch nicht geholfen, denn die Schuldfrage ist offiziell noch offen, auch wenn die Schuldigen öffentlich längst feststehen.

Die Ungarischen Aluminiumwerke, MAL, müssen binnen 15 Tagen 135,1 Milliarden Forint, heute ca. 470 Mio. EUR, für die Kosten der Beseitigung der Umweltschäden durch den Rotschlamm zahlen. Die Rechnung kommt vom Umweltstaatssekretariat. Zwar kann die MAL die Buße vor einem ordentlichen Gericht anfechten, was aber keinen Zahlungsaufschub bewirkt. Nach der Giftschlammkatastrophe, bei der zehn Menschen starben, mehrere Orte praktisch vernichtet und die Umwelt, Felder, Böden, Flüsse ruiniert worden waren, wurde die MAL zunächst per Eilgesetz unter Staatsaufsicht gestellt, um den Abzug von Vermögenswerten zu verhindern. Insgesamt wurden 800 Hektar Flächen dekontaminiert und neue Häuser errichtet.

Luftbild von der Havariestelle

Die Höhe der Buße wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von den Eignern nicht aufgebracht werden können, was dem Staat Zugriffsmöglichkeiten auf das Unternehmen eröffnet. Die Schuldfrage an der Katastrophe ist bis heute amtlich noch nicht geklärt, auch wenn die meisten Indizien auf rücksichtslose, grob fahrlässige Vernachlässigung der Sicherheit aus Profitgier hinweisen. Die MAL-Eigetümer werden dem Dunstkreis sozialistischer Seilschaften bei der "grauen" Privatisierung zugeschrieben, weshalb die Aufarbeitung auch politisch instrumentalisiert wurde. Auch der Umstand, dass frische Genehmigungen für das Giftschlammbecken vorlagen, gab Anlass für Nachfragen. Interessant: ausgerechnet das Rotschlammbecken in Ajka diente der EU als Referenz für die Schaffung von Normen. (hier mehr dazu)

Gerichte vertagen indes eine Entscheidung der Schuldfrage und fordern immer neue Gutachten ein, die Eigner - die übrigens offiziell immer noch von einer "Naturkatastrophe" sprechen, neuerdings auch ein Jobbik-Politiker, wollen indes Hinweise auf einen gezielten Anschlag erkennen. Es laufen derzeit auch mehrere private Schadensersatzprozesse von Geschädigten und Hinterbliebenen, die - eben aufgrund der nicht geklärten Schuldfrage - nicht vorankommen.

Alles zu diesem Thema finden Sie in unserer umfangreichen CHRONOLOGIE
 

 

 


 

 

 

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