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(c) Pester Lloyd / 41 - 2012   NACHRICHTEN 10.10.2012

 

Friedensmarsch der Hassprediger

Regierungstreue in Ungarn rufen zu Marsch gegen "Schuldensklaverei" auf

Anhänger der Regierung Orbán haben angekündigt, am Nationalfeiertag des 23. Oktober einen weiteren "Friedensmarsch" abhalten zu wollen. Als Motto wird der Kampf gegen die "Schuldensklaverei" ausgegeben, aus der "wir ausbrechen wollen". Losungen die auffallend, aber nicht zufällig mit der Anti-IWF-Kampagne der Regierung kongruieren und das Volk auf magere Zeiten einstimmen sollen. Mit de Fakten nimmt man es dabei nicht so genau.

1989-2012 - Wir lieben Dich, Viktor!!!

 

Die Organisatoren von der "Bürgerbewegung Friedensmarsch" äußern in ihrem Demoaufruf, dass die "Schuldensklaverei ganze Nationen zerstören kann" und daher wollen die Regierungsanhänger "aus dem ganzen Land" zeigen, dass "wir lieber zeitweise Armut hinnehmen, als nicht endende Knechtschaft". Dass die Losungen gegen die Schuldenlogik Hand in Hand mit der von der Regierung großflächig aufgezogenen Anti-IWF-Kampagne gehen, ist nicht nur gewollt, sondern direkt geplant, denn der "Friedensmarsch" ist keineswegs eine spontane Volksbewegung aus überschäumender Begeisterung, sondern ein kalkuliert installiertes Marketinginstrument aus dem Orbán-Umfeld.

Am 23. Oktober soll das Volk auf unvermeidlich Kommendes eingestimmt und rechtzeitig vom eigenen Versagen in der Wirtschaftspolitik abgelenkt werden. Dass der IWF derzeit gar keinen zusätzlichen Sozialabbau gefordert hat und sämtliche zusätzlichen Budgetverwerfungen, die Ungarn wieder an den Rand der Pleite bringen können, direkt dem Regierungshandeln zuzuornden sind, spielt in der faktenbefreiten Denkweise des Regierungslagers keine Rolle, so lange es noch genügend Anhänger gibt, die man mit so simplen wie schlüssigen Parolen mobilisieren und bei der Stange halten kann.

Impressionen vom 1. Friedensmarsch...

Und so wird auch am 23. Oktober der nationalkonservative Neusprech über die Fakten dominieren, der Keil zwischen denen, die "für uns sind" und "den anderen" tiefer in das Land getrieben werden. Aus der Schuldenlogik des Neoliberalismus befreit werden, in dem man sich neue Ketten anlegen lässt, ist, was diese Regierung ihrem Volk bietet. Da braucht es schon ideenreiche Maßnahmen, um Ursachen und Wirkungen so umzuschmücken, dass das Volk einem weiter folgt.

Es gab zuvor bereits zwei "Friedensmärsche", am 21. Januar und am 15. März, zu dem hunderte Busse Orbán-Anhänger aus dem ganzen Land und "europäische Patrioten" aus Polen, Deutschland, Rumänien, Slowakei und anderen Ländern herangekarrt wurden und die bis zu ca. 400.000 Teilnehmer aufweisen konnten, somit rund das Zehnfache dessen, was die demokratische Opposition zu mobilisieren in der Lage war. Auch für den 23. Oktober sind schon vier Dutzend Busse geordert, um 2.000 Schüler aus Siebenbürgen nach Budapest zu bringen. Bezahlt wird das von der Regierung aus einem Fonds “Nationale Bildungsreise”.

Haupttenor der ersten Veranstaltungen war ein an den Personenkult des Stalinismus erinnernder Jubel für Orbán und seine Regierung sowie die Verunglimpfung des politischen Gegners. Die Transparente waren geprägt von EU-Feindlichkeit "Wir wollen keine Kolonie sein" und hatten nicht selten auch eindeutig antisemitische Züge. Barroso und Hillary Clinton (sie hatte ebenfalls gewagt, kritische Worte zu äußern) wurden in eine Reihe mit Clemenceau gestellt, dem “Vater von Trianon”. Beiden wünschte man den Tod an den Hals. Am Ende hielt der Organisator des Ganzen die neue, frömmelnd-ständische Verfassung in die Höhe und schwor die Menge darauf ein, wie es die Kirche mit der Bibel tut.

Interviews unter den Teilnehmern offenbarten das passend simple Weltbild, verängstigter und verunsicherter Menschen, leichte Beute für Populisten. Die meisten "lieben" einfach "ihren Viktor" und finden, dass die EU ihnen die Freiheit nehmen will und da wären dann noch die Banken und die Juden und überhaupt, wir armen, stets fremdbeherrschten Ungarn. Orbán möge sie davor beschützen. Und tut er es nicht, es gibt da ja noch andere. Es dauerte nicht lange, bis im Internet Karikaturen des "Békemenet" auftauchten und aus dem Friedensmarsch ein "Birkamenet", ein Marsch der Schafe oder der “Békamenet”, der Froschmarsch wurde.

Der Initiator und die Haupttriebkraft der "Friedensmärsche" ist eher nicht so der Schafstyp, man könnte ihn als geistigen Kriegstreiber bezeichnen, wäre da nur mehr Geist: der persönliche Freund von Regierungschef Orbán, Zsolt Bayer. Er ist Kolumnist der rechtsnationalistischen Zeitung "Magyar Hírlap", die dem Oligarchen und Rechtspopulisten Gábor Széles (Videoton, Ikarus etc.) gehört. Bayer (auf dem Foto mit seinem Freund Orbán) ist Mitgründer des Fidesz und kann als der profilierteste Hassprediger des Landes gelten.

Antisemitische Entgleisungen, ein Vokabular des Hasses, primitivste Hetze gegen Andersdenkende sind für ihn stete Mittel, wiewohl ihm auch die typische Opfer-Lamoryanz eines Nationalkonservativen im heutigen Ungarn nicht fern ist. Erst kürzlich, bei der Verteidigung der Blut-und-Boden-Rede seines Vorbilds Orbán, prophezeite er den Linken in seinem typischen Gossenduktus, wieder das baldige, "vollständige Verschwinden von der Erde", das durchaus physisch gemeint ist, zuvor bedauerte er, dass es bei den Säuberungen nach der Niederschlagung der Räterepublik "nicht genügend Genickschüsse" gegeben habe. Bayer erhielt, auf Initiative von Fidesz-Politikern, für sein “literarisches Wirken” die Madách-Medaille verliehen.

Am 23. Oktober wird auch ein Oppositionsbündnis eine Großveranstaltung abhalten. Hier mehr dazu. Auch Jobbik, DK und MSZP werden ihre Anhänger, alle fein säuberlich voneinander getrennt, versammeln.

cs.sz. / red.

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