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(c) Pester Lloyd / 50 - 2012   WIRTSCHAFT 12.12.2012

 

Auf dünnem Eis

Ungarn hat einen Haushalt für 2013 verabschiedet - viele zweifeln, dass die Rechnung aufgeht

Am Dienstag hat das ungarische Parlament mit der Regierungsmehrheit den Haushalt für das Jahr 2013 zum Gesetz erhoben. Dem gingen etliche Änderungen und Anpassungen, einschließlich massiver Steuererhöhungen voraus, doch auch jetzt ist längst nicht sicher, dass die Zahlen halten werden, was die Regierung verspricht. Übertriebene Hoffnungen bei den Steuereinnahmen summieren sich mit einer sprunghaften Ausgabenpolitik zu einer riskanten Melange.

 

Ursprünglich sollte das Budget schon Ende September stehen, doch immer wieder mussten hektisch wesentliche Anpassungen vorgenommen werden, weil die Basisannahmen nicht mehr haltbar waren oder dem Regierungschef plötzlich teure Initiativen in den Sinn kamen. Wesentlichstes Ziel ist das Erreichen eines Defizits von unter 3%, das jedoch, im Unterschied zu den zwei vorherigen Budgets, die durch die Vereinnahmung von privaten Rentenbeiträgen in Höhe von mehr als 10% des BIP´s gestützt wurden, diesmal selbsttragend erreicht werden muss.

Um die Unwägbarkeiten der Vielzahl neuer Steuern (Erschließungssteuer, Telefoniersteuer, Finanztransaktionssteuer, vereinfachte Kleinunternehmenssteuer, E-Maut etc. etc.) abzufedern, deren Einnahmen kaum seriös vorhersagbar sind, hat die Regierung einfach einen Reserveposten von 600 Milliarden Forint (2,12 Mrd. EUR bzw. 2,2% des BIP) ins Budget geschrieben, aus dem dann allfällige Löcher gestopft werden sollen.

Als Basisannahme für das Budget dienen folgende - von vielen Experten angezweifelte - Daten: BIP-Wachstum 0,9% (dieses Jahr -1,3%), Inflation 5,2% (6,4), Arbeitslosenrate 10,2% (10,6), Forintkurs 285/Euro. Allein der Umstand, dass die Wachstumsprognose seit dem Sommer von 1,6 auf 0,9% gesenkt werden musste, zeigt, auf wie dünnem Eis das Budget steht. Aktuelle Daten.

Sogar der regierungsseitig besetzte Haushaltsrat hat etliche Steuerziele angezweifelt und vor hohen Risiken gewarnt, die das Budgetziel gefährden könnten. So wird vor allem die geplante Mehreinnahme aus dem Posten "Erhöhung der Effizeinz der Steuereintreibung" für übertrieben gehalten. Andere Ökonomen halten indes weiterhin die Flat tax von 16% auf alle Einkommen für einen unleistbaren Luxus, der das Land jedes Jahr rund 600 bis 800 Mrd. Forint kostet, ohne die Wirtschaft belebende Effekte zu entfalten.

Auch auf der Ausgabenseite meldet der Rat Zweifel an, passend dazu ließ sich der Premier heute noch in letzter Minute zusätzliche 700 Mio. Forint (1,8 Mio. EUR) für die PR-Abteilung des Amtes des Ministerpräsidenten gutschreiben. Hauptkritikpunkt hier bleibt der "Arbeitsplatzschutzplan", der mit über 300 Mrd. Forint Arbeitgeber von Sozialabgaben entlastet, damit diese Jobs nicht streichen. Die Einkommenslage der Arbeitenden verbessert die Maßnahme indes nicht.

Auch andere Spontanaktionen treiben den staatlichen Buchhaltern die Schweißperlen auf die Stirn, wie gerade erst die 10% Preissenkung im Gas-, Strom- und Heizungsbereich, die leicht bis zu 110 Mrd. Forint kosten könnten. Auch die vielfältigen Abenteuer in Orbáns neuer Planwirtschaft könnten sich noch als so kostspielig erweisen, dass die heute noch so groß scheinende Budgetreserve genauso schnell zusammenschmilzt, wie dereinst die Abermilliarden aus den Rentenbeiträgen.

 

Die Opposition sieht in dem Haushalt ein "wirtschaftshemmendes und unsoziales Sparpaket", das die Rezession des Landes in eine Depression vertiefen wird. Allein die chaotische Formung des Haushaltes belege, dass die Regierung die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht meistere (mehr dazu in: Gulaschwirtschaft)und sich von Wunschvorgaben, anstatt von Realitäten leiten lasse.

Die Unvorhersagbarkeit der Politik der Orbán-Regierung und das damit verlorengegangene Vertrauen bei Investoren aus dem In- und Ausland wie bei den Konsumenten, sei das größte Hemmnis für eine solide Wirtschaft, die wiederum Basis für einen seriösen Haushalt ist. Außerdem hätte eine vernünftige Politik-Performance längst zu einem IWF-Deal führen können, was die Kosten für den Schuldendienst erheblich reduziert und auch den Forint gestärkt hätte.

Man wies auch daraufhin, dass die BIP-Projektion noch 2 Prozentpunkte unter den Vorkrisenwerten von 2008 liege. Auch Zentralbankchef Simor schloss sich dieser Kritik weitgehend an, zusätzlich warnte er vor weiteren Waghalsigkeiten in der Zinspolitik, die wegen des Übergewichts der externen Währungsratsmitglieder mittlerweile von der Regierung allein gestaltet wird. Simors Mandat läuft im Frühjahr uas.

Nationalwirtschaftsminister Matolcsy, Hauptverursacher dieses Budgets, pries, dass man die Schuldenquote des Landes weiter senken können werde, das Wachstum nach Ungarn zurückkehre und die Beschäftigung permanent steige, was sie allerdings nur statistisch "Dank" der teuren und sinnlosen Kommunalen Beschäftigungsprogramme tut, während in der freien Wirtschaft in einem Jahr 45.000 Arbeitsplätze verloren gingen.

Die Regierung feierte den vorläufigen Abschluss der Budgetdebatte und geht davon aus, dass nun das EU-Defizitverfahren endgültig ad act gelegt werden kann. Die EU sieht das - zumindest in Teilen - anders, erkennt man in den vielen ad hoc-Maßnahmen wenig von den geforderten "strukturellen und nachhaltigen" Reformen.

cs.sz.

 

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