(c) Pester Lloyd / 43 - 2009
POLITIK 23.10.2009 _______________________________________________________
Ungarischer NS-Verbrecher Zentai in Abschiebehaft in Australien
Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Charles Zentai befindet sich in
Auslieferungshaft der australischen Behörden. Dies teilte die Polizei in Perth mit. Gegen den aus Ungarn stammenden Zentai läuft in Ungarn ein Verfahren wegen
des Mordes an einem jüdischen Jugendlichen im November 1944. Seit Jahren entzieht sich der nach Australien Ausgewanderte durch juristische Schritte seiner Auslieferung.
Der Anwalt des 88jährigen sagte, dass es nun am Innenminister liegt,
die endgültige Entscheidung über die Abschiebung seines Mandanten zu treffen. Danach wäre praktisch nur noch ein Gnadengesuch möglich, dass aber scheitern müsste, weil gegen Zentai bisher
kein Urteil gesprochen worden ist. Sonstige Einsprüche könnten sich nur noch auf Formalien oder den Gesundheitszustand beziehen, in der Sache sind alle Instanzen durchlaufen.
Zentai (Foto) war 2004 aufgespürt und mit dem Verbrechen konfrontiert worden,
als Teil der "Operation letzte Chance", einer Initiative des Wiesenthal-Zentrums zur Verfolgung der noch lebenden Nazikriegsverbrecher. Ein Sprecher begrüßte
die Verhaftung, die es, wenn auch spät, ermögliche, dass ein Verbrecher bestraft wird, der sich seit Jahrzehnten trickreich vor seiner Verantwortung gedrückt
habe. Denjenigen, die mit seinem hohen Alter argumentieren, hält das Zentrum entgegen, dass man nicht vergessen soll, dass Zentai ein Alter genießt, dass er
seinem Opfer nicht zugestanden hat. Dieses war gerade achtzehn und musste nur sterben, weil es jüdisch war.
Nach den Ermittlungsakten war Zentai 1944 regulärer Soldat der ungarischen
Armee. Auf einer Zugfahrt traf er den jungen bei einer Passkontrolle an und erkannte, dass dieser seinen Judenstern nicht trug. Daraufhin prügelte er ihn in
einer Baracke zu Tode, sein Leichnam wurde in die Donau geworfen. Seit seiner ersten Einvernahme in Australien, versuchte Zentai vor allem durch ärztliche Attests seine Auslieferung zu verhindern.
IHRE MEINUNG IST GEFRAGT - KOMMENTAR ABGEBEN
(c) Pester Lloyd
|