(c) Pester Lloyd / 46 - 2009
KULTUR 11.11.2009
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Resolutester der Reformatoren
Fünf Gedenkjahre für Calvin und eine Ausstellung zum Calvinismus in Ungarn
Johannes bzw. Jean Calvin, hier János Kálvin, wurde vor 500 Jahren geboren. Für die vergleichsweise starke calvinistische Gemeinde in Ungarn, immerhin nach
den Katholiken die größte Glaubensgemeinschaft in Ungarn, ein großes Jahr. In fünf Jahren jährt sich zudem der Todestag dieses resolutesten aller Reformatoren
zum 450. Male, Grund genug für die ungarischen Reformierten fünf Jahre durchzufeiern.
Die Reformation hatte auch in Ungarn ihre verschiedenen Richtungen
eingeschlagen und erfasste zwischenzeitlich fast alle Einwohner, traf sie doch im damals reichen Ungarn auf entsprechend viel Armut, also fruchtbaren Boden. Die drastischen
Lehren Kalvins, zwischen Puritanismus und Selbstverleugnung, Gottesfürchtigkeit und militantem Glaubensbekenntniss kam vor allem den ärmeren Schichten zu Pass, und jenen
kleinadeligen Ungarn, die eine neue Religion als Waffe für Machtkämpfe nutzen wollten. Stand diese Ideologie doch in krassem Gegensatz zur verschwenderischen Dekadenz oft
fremder Adliger und Kirchenfürsten des Landes. Fast 80%, so schätzt man, waren Ende des 16. Jahrhunderts im damaligen Ugnarn von der katholischen
Kirche abgefallen. Im 17. Jahrhundert nutzten Habsburger, gemeinsam mit einheimischen Jesuiten die Ungunst der Türkenbelagerungen, um die Untertanen auf
den "rechten Glauben" zurückzurühren, was nur teilweise gelang, aber doch gelang.
Das kalvinistische Zentrum Ungarns war und ist Debrecen, es war immer auch Symbol
und Ausgangspunkt antihabsburgischer Revolten und patriotischer Akte, teils genüsslich unterstützt aus dem protestantischen Preußen. Hier tagte unter dem "Schutz" der
Reformierten auch der freie Reichstag mit Kossuth 1848. Immerhin 15% der Ungarn bekennen sich heute zu den Lehren Kalvins. Leider kommen aus dem Umkreis
mancher kalvinistischen Pfarreien auch einmal rechte Hetzparolen, so ist z.B. bei den Vereidigungzeremonien der rechtsextremen "Ungarischen Garde" immer auch ein
einschlägig bekannter "Reformierter" dabei, der dem Spuk seines Gottes Segen erteilt. Immerhin kann er sich bei Kalvin auf einen Reformer berufen, der selbst zum
Fanatismus neigte und auch die Verfolgung Andersgläubiger betrieb.
Eine ausführliche und sehr aufschlussreiche Geschichte der Reformation und des
Kalvinismus in Ungarn (zumindest bis 1989) findet sich auf dieser (offiziellen) Seite
der Reformierten Kirche.
Im Budapester Historischen Museum wird die Zeit der Reformation und die Geschichte des Kalvinismus jetzt in einer umfangreichen Sonderausstellung gewürdigt.
Es werden zuerst anhand von vielen Ausstellungsstücken die Lebensbedingungen zu Zeiten der Reformation in Ungarn erläutert.
Kunstgegegenstände, illustrierte (heilige) Schriften und vieles mehr zeigen die Wirkungen der Reformatoren in Ungarn. In einem anderen Abschnitt wird die
Lebenswelt und die Erziehungsmethoden der Kalvinisten angedeutet, auch die Verfolgungen, denen sie zu verschiedenen Zeiten ausgesetzt waren.
Das Zentrum des Calvinismus in Ungarn. Die große Kirche in Debrecen.
Das Museum müht sich recht, dem Thema so umfänglich wie möglich nahe zu
kommen, ohne dabei zu irgendwelchen ideologischen Schlüssen oder Aussagen zu verleiten. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Lehre und ihren Folgen für
Gemüt und Gesellschaft wurde freilich auch durch die Mitarbeit einer kalvinistischen Diözese verhindert, die dafür sorgte, dass vor allem das positiv Prägende
kalvinistischer Geister (so werden die Kalvinisten als Urväter der sozialen Marktwirtschaft gepriesen) und die religiösen Relikte aus Architektur und
Kunsthandwerk in den Vordergrund gerückt wurden. Es ist immer eine unglückliche Wahl, das Objekt der Untersuchung selbst die Perspektive bestimmen zu lassen, aus
der man es betrachten soll. Anders gesagt: welches Wesen würde sich schon selbst sezieren? Immerhin erhalten die Besucher dennoch einen sehr reich ausgestatten,
stimmungsvollen und zumindest einen historisierenden Überblick zu einem interessanten Thema.
"Kalvin und das kulturelle Erbe des Kalvinismus entlang der Donau",
bis 15. Februar, im Historischen Museum (in der Budaer Burg) Weitere Informationen, auch in englischer Sprache zur Ausstellung: www.btm.hu
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(c) Pester Lloyd
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