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(c) Pester Lloyd / 10 - 2013   WIRTSCHAFT 04.03.2013

 

Wirtschaft im stand by

Investitionen in Ungarn 2012 weiter stark rückläufig

Die Investitionen in der ungarischen Wirtschaft lagen 2012 5,2% niedriger als 2011. Der Rückgang im vierten Quartal betrug gar 7,9%. Das meldete das Statistische Zentralamt KSH in Budapest am Freitag. Die Regierung pickte sich bei ihrer Mitteilung dazu freilich nur die eine Zahl heraus, die positiv ausfiel. Danach stiegen die Investitionen in der "verarbeitenden Industrie" übers Jahr um 5,3%.

Diese Investitonen, so erfreulich sie seien mögen, gehen jedoch fast ausschließlich auf langfristig geplante Projekte großer, ausländischer Konzerne zurück, die nicht von der Konjunktur im Lande abhängig sind, weil deren Autos, Zubehörteile, Motoren oder Flatscreens ohnehin fast ausschließlich in den Export gehen. Da diese Konzerne praktisch in ihrer eigenen Welt leben, sagen die Zahlen fast nichts über die tatsächlichen Entwicklungen im Lande.

Alle anderen Branchen, die ein Bild über die Auftragslagen und Zukunftshoffnungen im Lande zeichnen, sackten dagegen teils dramatisch ab, das gilt für die Bereiche, die praktisch nur von der öffentlichen Hand leben ebenso wie die freie, mittelständische Wirtschaft im Lande. So sanken die Investitionen im Baugewerbe, trotz schon extrem niedriger Basisdaten um weitere 15,1%. Ein weiteres Plus konnte man im Bereich "Verteidigung, öffentliche Verwaltung und Zivilschutz" registrieren, sagenhafte 26,1% ging es hier nach oben. Dabei handelte es sich jedoch ausschließlich um öffentliche Einmalaufträge für den Bau bzw. die Reparatur von Überflutungsgebieten, Dämmen, Entwässerungskanälen und Drainagen, finanziert aus EU-Mitteln ohne Nachfolger und Wertschöpfung in Form von Umsätzen oder dauerhaften Arbeitsplätzen.

Der Bereich Transport und Lagerwesen sackte um 14,9% ab, die Immobilienwirtschaft steckte 6% weniger Mittel in neue Projekte. Investitionen in Bildungseinrichtungen, also Schulen, Unis etc. gingen um 36,4% zurück, auch im Gesundheitswesen betrug der Rückgang enorme 32,8%. Abgesehen von Mittelkürzungen im öffentlichen Haushaltm schlugen hier auch relativ hohe Basisdaten durch die Fertigstellung von EU-Projekten im Jahr davor zu Buche.

 

Der Finanzsektor machte sich in Ungarn 2012 besonders klein, dort wurden 59,1% weniger investiert, lediglich das Auswechseln der Schlösser an den aufgebenen Filialen von Geschäftsbanken kann hier noch als Investition gesehen werden. Auch der Energiebereich, neben den Banken besonders von Sondersteuern und staatlichen Interventionen betroffen, schraubte beim Stromnetzwerkausbau und den Gasnetzwerken um 38,6%, quasi auf Standby zurück. Investitionen im Einzelhandel und in der Landwirtschaft schrumpften mit 2,6 und 1,9% noch relativ moderat.

Der Rückgang der Investitionstätigkeit, der seine Ursachen in einem unsteten und nicht gerade vertrauenerweckenden Umfeld aus ständigen staatlichen Interventionen, fast wöchentlichen Veränderungen an der Steuerpolitik, einer sehr fragmentierten Förderpolitik und einer - wegen der Budgetsitutaion - finanziell nur beschränkt handlungsfähigen öffentlichen Hand hat, setzt sich auch in anderen wichtigen makroökonomischen Kennziffern für 2012 fort: -1,7% BIP, -7,3% Industrieproduktion, -3,4% Reallöhne, -40.000 Arbeitsplätze usw. Während diese Zahlen jedoch lediglich das Gewesene reflektieren, geben die Daten über die Binneninvestitionen gleichzeitig auch einen Ausblick auf Kommendes.

cs.sz.

 

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