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(c) Pester Lloyd / 20 - 2015   WIRTSCHAFT    15.05.2015

 

Haushalt für die Oberschicht: Eckdaten und Details des Budgets für Ungarn 2016

Mehrere Monate vorfristig (den Grund dafür lesen Sie hier) reichte der ungarische Wirtschafts- und Finanzminister Varga am Mittwoch den Entwurf zum Haushaltsgesetz 2016 beim Parlament ein. Vor allem die Liste der Investitionsprojekte wirft ein Licht darauf, was dieser Regierung wichtig ist. Die Opposition sieht ein Budget für "Oligarchen und Beamte".

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Eine "halbe Milliarde Euro" mehr bleibe im kommenden Jahr "bei den ungarischen Familien", lobten Parlamentspräsident Kövér und der Minister (Foto) den Entwurf unisono. Dies komme u.a. von der Senkung der Flat rate für Einkommen von 16 auf 15%, der Senkung der Steuer auf Schweinefleisch auf 5%, der Erhöhung der Steuerfreibeträge für Familien mit Kindern und der Reduzierung von Verwaltungsabgaben. Was von den Steuerplänen en detail zu halten ist, haben wir bereits hier analysiert.

Eckdaten:

Das Budget 2016 beruht auf folgenden Kennzahlen: BIP-Wachstum 2,5%, Inflationsrate 1,6%, Haushaltsdefizit 2,x% des BIP. Einnahmen 15.790 Milliarden Forint (heute ca. 51,4 Mrd. EUR), Ausgaben 16.551 Mrd. Forint (heute ca. 53,9 Mrd. EUR), Defizit: 716,6 Mrd. Forint. Die Staatsschuldenquote soll von 74,3% derzeit auf 73,3% (neue Berechnungsmethode Eurostat, EZB) gesenkt werden.

Die Umsätze aus der Mehrwertsteuer werden mit 3.351,9 Mrd. HUF prognostiziert, rund 180 Mrd. HUF mehr als im 2015er Budget, die Einnahmen aus der Einkommenssteuer sollen bei 1.658,4 gegenüber 1.639,7 Mrd. liegen, also eine weitere Verschiebung der Steuerlast von den Einkommen auf den Konsum.

Einzelbudgets:

Der Verteidigungshaushalt wird knapp unter 300 Milliarden Forint liegen und damit um ein Sechstel, also 50 Mrd. HUF höher ausfallen als 2015. 6,29 Mrd. dafür fließen weiter an die NATO.

Das Innenministerium erhält 2016 504,7 Mrd. Forint (2015: 483,7), ohne Közmunka-Aufstockung, die über ein Sonderbeudget läuft.

Die Kommunen erhalten (bzw. dürfen behalten) 661,74 Mrd, 12,5 Mrd. mehr als in diesem Jahr.

Der direkte Beitrag von EU-Entwicklungsgeldern beträgt rund 4% des BIP, das sind 1.400 Milliarden Forint bzw. 4,56 Mrd. EUR. Alle BIP-Effekte, die durch die EU-Gelder ausgelöst werden, summieren sich auf rund das Doppelte.

Der nationale Gesundheitsfonds soll im kommenden Jahr 1.936 Mrd. einnehmen, 1.912 Mrd. sollen es 2015 sein, jedoch werden nur 10 Mrd. Forint mehr für das Gesundheitsbudget veranschlagt.

Behauptet wird auch eine Steigerung der Bildungsausgaben, die staatliche Schulverwaltung z.B. wird mit 550 Mrd. Forint ausgestattet. Was verschwiegen wird, ist, dass sie damit auch aus den Vorjahren angehäufte Schulden abbauen muss.

Das offizielle Budget des Ministerpräsidenten wird von 210 auf 183 Milliarden Forint (knapp 600 Mio. EUR) gesenkt. Auch hier ist zu ergänzen, dass Posten, die bisher hier untergebracht werden, nun als Sonderprojekte ausgegliedert sind. Die Strukturen der Orbánschen "Portokassen" sind ansonsten vollkommen intransparent. Außerdem kommen noch Sonderfonds und "Kommunikationsreserven" hinzu.

Die (offiziellen) staatlichen Parteienzuschüsse bleiben bei 3,8 Mrd. Forint (12,3 Mio. EUR), davon werden 75% gemäß den Stimmenanteilen vergeben, 25% gleichmäßig unter allen Parteien, die es in Fraktionsstärke ins Parlament schafften.

Für Renten müssen 140 Mrd. Forint mehr berappt werden

135 Mrd. Forint kosten die verschiedenen "Karrieremodelle" (an Gehossamsverpflichtung gekoppelte Gehaltserhöhungen für Lehrer, Öffentlichen Dienst etc.)

Die Finanzierung der "Kommunalen Beschäftigungsprogramme" für dann 240.000 Menschen (derzeit 200.000) übersteigen mit 340 Mrd. Forint 2016 bereits 1% des BIP.

113 Mrd. Forint beträgt eine Kapitalerhöhung für die Entwicklungsgesellschaft zum Ausbau des AKW in Paks, weitere 28 Mrd. stehen dafür für "operative Zwecke" bereit, wohlgemerkt ohne die Kreditmilliarden aus Russland, die nicht im Budget geführt werden. Das bedeutet, dass Ungarns Steuerzahler bereits vor dem ersten Spatenstich (bis Ende 2016 ist alles noch in der Planungs- und Genehmigungsphase) rund 400 Mio. EUR für das AKW Paks II ausgeben.

Die Eximbank, spezialisiert auf Kreditbürgschaften für die "richtigen" ungarischen Kleinutnernehmen, erhält eine Kapitalspritze von 20 Mrd. Forint und weitere 30 Mrd. für "Zinsausgleiche".

160 Mrd. Forint gehen für Straßenbauprojekte drauf (natürlich alles EU-Gelder)

Sämtliche nicht näher zugeordnete Reserven und Sonderfonds für "außerordentliche Regierungsmaßnahmen" werden mit 472 Mrd. Forint befüllt.


121 Mrd. Forint bilden einen Investitionsfonds, hier ein Auszug über Einzelposten:

200 Mio. Forint lässt die Regierung für die Renovierung von Denkmalen mit Ungarnbezug im Ausland springen

2,4 Milliarden erhält ein "Pferde- und Reitzentrum" in Szilvásvárad

2,94 Mrd. für das Bozsik-Fußballstadion in Budapest

4,26 Mrd. für ein neues Fußballstadion in Székesféhervar

2,64 Mrd. für ein neues Fußballstadion in Diosgyör

35,8 Mrd. für den Budapester Olympia-Park (rund um das Puskás-Stadion)

4 Mrd. allgemeine Förderung für "prioritäre" Sportarten (lies: FC Felcsút & Co.)
3,69 Mrd. für die Errichtung von Liegenschaften von Vereinen "prioritärer" Sportarten

2,28 Mrd. für den MOME Campus (ein Innovationszentrum)

3,23 Mrd. für das Insula Lutherana Projekt der Ev. Kirche in Györ

4 Mrd. für das "Eiffel-Projekt" der Staatsoper

19,12 Mrd. für das Liget Budapest Projekt (Museumsquartier, das die EU nicht kofinanzieren will)

3,5 Mrd. für die Umsiedlung des Budapester Zirkus (im Rahmen des Museumsquartiers-Umbaus)

2,4 Mrd. für Bildungseinrichtungen der Kalvinisten in Debrecen

11,8 Mrd. für Zukäufe durch das Liegenschaftsamt

1,8 Mrd. für einen neues Konferenzzentrum in Budapest

1,39 Mrd. für die Renovierung der Türbe des Gül Baba (nur Umgebung, Grab selbst finanziert Türkei)

1,5 Mrd. für die "Nationale Pferdezucht"

450 Mio. Forint für ein "Rubik-Ausstellungszentrum"

Die Reaktionen:

Die EU hat
fünf "Empfehlungen" im Rahmen des Konvergenzplanes zusammengestellt, die die strukturellen Pferdefüße des Budgets - allerdings konsequenzlos - offenlegen.

Die MSZP kritisiert, dass auch dieser Haushalt die finanziellen Spielräume weder für die Kleinunternehmer noch die Ärmsten einsetzt. Es sei ein Haushalt für die Oberschicht. Jobbik hingegen findet, dass es wieder ein unnötiges "Sparbudget" sei, das Land und die Wirtschaft seien "unglaublich überbesteuert". Beide sind sich einig, dass die exorbitante Mehrwertsteuer von 27% gesenkt gehört, dafür müsste bei der Einkommenssteuer sozial gegengesteuert werden.

 

Auch die Kleinpartei Együtt sieht "den riesigen Staatsapparat und ein paar Oligarchen" durch den Haushalt alimentiert, die Grünen, LMP, meinen Fidesz lerne nichts aus "seinen früheren Fehlern" und "gibt den Reichen mehr und mehr". Dialog für Ungarn findet, "Banken und und die besserverdiende Million" des Landes bevorzugt und fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die DK von Ex-Premier Gyurcsány liest einen Haushaltsplan "der Hoffnungslosigkeit". 4 Millionen Arme und 2 Millionen sich vor Armut Fürchtende blieben außen vor. Banken würden als Feinde behandelt, die Abgaben für kleine Unternehmen blieben hoch. Vor allem fehle aber das Prinzip gesellschaftlicher Solidarität in dem Budgetentwurf für 2016.

cs.sz.

 

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