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(c) Pester Lloyd / 02 - 2011  POLITIK 10.01.2011

 

Ungeklärte Schuldfrage

Hickhack um die Entschädigung von Opfern der Giftschlammkatastrophe in Ungarn

Die Opfer der Giftschlammkatastrophe von Kolontár und Devecser müssen weiter auf eine endgültige Entschädigungsregelung warten. Zwar flossen einige Gelder, doch die juristisch noch nicht geklärte Schuldfrage verhindert eine einheitliche und klare Lösung. Der Staat bemüht sich, die drängendsten Sorgen mit Vorauszahlungen zu lindern und schuf Präzedenzen, die alles komplizieren.

Die Schadensersatzklage einer Familie, die bei der Giftschlammflut am 4. Otkober 2010 ein Familienmitglied verlor und deren Haus zerstört worden ist, wurde jetzt vom hauptstädtischen Gericht in Budapest erst einmal bis zum März vertagt, weil - so das Gericht - zuvor generelle Klärungen zu tätigen sind. Dabei geht es um nicht weniger als um die Schuldfrage. Es ist nämlich möglich, dass die Vorverurteilung der Betreiber der MAL Zrt. durch die Regierung vor der Judikative gar nicht standhält.

Das nationale Katastrophenamt steht auf dem Standpunkt, dass die Geschädigten sowohl vom Stat als auch von der als Verursacher beschuldigten Aluminiumfabrik MAL Kompensationen einfordern könnten, es dazu aber einer entsprechenden Bewertung der Schäden bedarf, um Doppel- und Überzahlungen zu vermeiden.

Die für den Wiederaufbau zuständige Regierungsbehörde teilte mit, dass man Abschläge auf zu erwartende Entschädigungen vorauszahlen werde und dies auch schon tat und sich diese Gelder dann von der Aluminiumfabrik, die per Gesetz unter Staatsaufsicht gestellt wurde, wiederholen werde. Doch genau dieses Vorgehen würde gerichtlichen Verfahren zur Klärung individueller Schadensersatzansprüche vorgreifen, beanstandete nun das hauptstädtische Gericht und verschob die Verhandlung, die für die anderen Opfer eine Präzedenz schaffen würde, um ein Vierteljahr.

Während sich der Staat sehr schnell auf die MAL als Schuldigem festgelget hatte, bestehen die Eigentümer der MAL auf ihrem Standpunkt, dass der Bruch des Giftschlammbeckens nicht ihre Schuld sei. "Das Unternehmen handelte in Gänze im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften. Der Bruch wurde durch exzessive Regenfälle und Veränderungen in der Bodenstruktur verursacht." teilt deren Rechtsbeistand mit. Von Anfang an sprachen die in den Jahren der grauen Privatisierung auf undurchsichtigen Wegen in den Beseitz der Fabrik gekommenen Geschäftlseute von einer “Naturkatastrophe”, auch bei den Angehörigen der insgesamz zehn Toten kondolierten sie in diesem Duktus.

Die Gerichte müssten nun erst die generelle Schuldfrage klären, es gibt eine ganze Reihe von Indizien, die darauf hinweisen, dass es den Betreibern nicht um die Sicherheit der Nachbarn gegangen ist, sondern um maximalen Profit. Doch ist es sogar unter dieser Maximeh möglich, dass das Gericht feststellt, dass die Kontrollvorschriften zu lasch waren oder Fahrlässigkeiten bei Kontrollen den schlechten Zustand des Giftschlammbeckens begünstigten, dann hätte der Staat den Schwarzen Peter und auch der Verweis auf die vorherige “sozialistische Misswirtschaft” würde ihn nicht von der Zahlungspflicht befreien. Immerhin hatte es nur ein halbes Jahr vor der Katastrophe eine amtliche Begehung gegeben, die keine Mängel aufzeigte, was nicht heißen muss, dass es sie nicht gab. In diesem Zusammenhang prangerten dien Eigentümer der MAL auch die vorverurteilende Übernahme der Hoheit über das Werk durch den Staat an, der den MAL-Fall zum Anlass nahm ein neues Gesetz zu schaffen, das dem Staat bei Unglücken jeglicher Art per Dekret die Übernahme der Geschäfte des jeweiligen Unternehmens erlaubt.

Neben den direkten Zahlungen aus dem zentralen Spendenfonds, der mit Regierungsmitteln auf insgesamt über 22 Mio. EUR aufgefüllt worden ist, bot man Bewohnern auch die Umsiedlung an, dazu soll ein neues Wohngebiet in der Nähe der betroffenen Gemeinden enstehen. Bisher hätten 99 Bauern (zuvor hieß es noch 102 von 298 Betroffenen) das Angebot der Regierung zum Aufkauf ihres auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verseuchten Ackerlandes zum Marktpreis angenommen, weniger als ein Drittel. Die Regierung bietet neben dem Aufkauf auch einen Tausch an. Über 1000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche seien betroffen (zuvor hieß es von einem anderen Ministerium rund 200 ha).

An die betroffenen Familien wurden bis Ende November Einmalhilfen von 50.00 bis 250.000 Forint ausgezahlt (180 bis 900 EUR), Sachspenden und direkte Spenden über Privatpersonen oder die Bürgermeisterämter nichtmitgezählt. Weitere private Verluste und gewerbliche Ausfälle werden jedoch immer noch juristisch begutachtet, was für viel Unmut sorgt, in Devecser kam es deshalb bereits zu Protesten, die nur mit Mühe von den Behörden beruhigt werden konnten. Weitere Hilfen gab es für Unterbringung und die Reparatur von Häusern. Etwa 10% der Spendengelder sollen letztlich in bar an die Betroffenen gehen, 90% für die Reparatur von Immobilien und Landschaft aufgewendet werden.

Doch was fehlt ist ein Grundsatzurteil, dass die Höhe der Entschädigung und den Schuldner benennt und das Leben und die Zukunft für die betroffenen Menschen berechenbarer macht. Der Staat, der sich aktionistisch um Hilfe bemüht hatte, sollte nun dafür sorgen, dass Gutachter und Gerichte schnell und umfassend ihre Arbeit erledigen können und sich mit “Meinungen” und sonstigen Vorgriffen zum Thema besser zurückhalten.

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