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(c) Pester Lloyd / 10 - 2013   OSTEUROPA 04.03.2013

 

Nachrichten aus Osteuropa

Slowenien: Janša abgewählt, Bratušek neue Ministerpräsidentin - Kroatien bekommt Wirtschaftsprobleme nicht in den Griff - Krise in Mazedonien mit Hilfe der EU gelöst - Slowenien: Atomkraftwerk Krško nach Störung für eine Woche außer Betrieb - UN-Kriegsverbrechertribunal spricht Momcilo Perišic frei - Bosnien und Herzegowina: Neue Regierung für die Republika Srpska - Rumänien: Gesetzesänderung zum größeren Schutz von korrupten Abgeordneten verfassungswidrig - Bosnien und Herzegowina feiert Unabhängigkeitstag

Slowenien: Janša abgewählt, Bratušek neue Ministerpräsidentin

Alenka Bratušek ist das neue Staatsoberhaupt Sloweniens. Die bisherige Oppositionsführerin der Partei Positives Slowenien (PS) wurde mit 55 zu 33 Stimmen zur neuen Ministerpräsidentin gewählt. Für einen Erfolg waren die Stimmen von mindestens 46 der 90 Parlamentsmitglieder erforderlich.

Durch diesen Wahlausgang ist auch das erfolgte Misstrauensvotum gegen den bisherigen, von Korruptionsvorwürfen belasteten, Amtsinhaber Janez Janša gültig. Bratušek ist damit die erste Frau an der Spitze der slowenischen Regierung.

Als erste große Herausforderung gilt nun die Bildung einer Regierung. Dabei kann Bratušek, trotz größerer politischer Unterschiede zwischen den Parteien, neben ihrer Partei PS vermutlich auch auf die Unterstützung der Bürgerliste (DL) und der Demokratischen Pensionistenpartei Sloweniens (DeSUS) zählen. Die vierte Partei, die das Misstrauensvotum gegen Janša unterstützt hatte, die Slowenische Volkspartei (SLS), stellt sich jedoch gegen diese Regierungskonstellation. Ohne SLS würde eine Koalition aus PS, DL und DeSUS allerdings nur über 42 Mandate im Parlament verfügen. Alenka Bratušek hat nun bis zum 14. März Zeit, um die neue Regierung auf die Beine zu stellen. Sollte dies nicht gelingen, dürfte es zu Neuwahlen kommen.

Mehr über die langwierige Regierungskrise in Slowenien

 

Kroatien bekommt Wirtschaftsprobleme nicht in den Griff

Die Arbeitslosigkeit in Kroatien, das ab dem 1. Juli dieses Jahres EU-Mitglied wird, ist auf ein neues Höchstniveau gestiegen. Im Januar 2013 waren 372.000 Menschen arbeitslos, was einer Erwerbslosenrate von 21,4% entspricht. Alleine im besagten Monat verloren fast 14.000 Personen ihren Job. Seit dem Beginn der Wirtschaftskrise 2008, gingen in Kroatien mehr als 150.000 Arbeitsplätze verloren.

Staatspräsident Ivo Josipovic nannte das schlechte Investitionsklima, eine negative öffentliche Wahrnehmung auf Unternehmen und Unternehmer sowie „die Kultur des Beklagens“ als Schlüsselprobleme. Dazu fügte er an: „Die Mehrheit ist eher gewillt sich zu beklagen, als zu arbeiten und das muss sich ändern.“

Neben diesen negativen Zahlen gab es noch weitere Entwicklungen, die nicht wirklich Anlass auf Hoffnung für bessere Zeiten geben. Die Inflationsrate erreichte im Januar 5,2% und war damit so hoch wie seit rund vier Jahren nicht mehr. Darüber hinaus hatte die kroatische Regierung die Wachstumsprognose für 2013 von 1,7% auf 0,7% gesenkt. Die Europäische Kommission geht gar von einem Negativwachstum von 0,4% aus. Im Jahr 2012 schrumpfte die kroatische Wirtschaft um 2% im Vergleich zum Vorjahr.
 

Krise in Mazedonien mit Hilfe der EU gelöst

Die politische Krise in Mazedonien scheint überwunden. Gegen Ende letzter Woche waren mehrere Abgesandte der EU zu Gesprächen in Skopje, um doch noch eine Lösung herbeizuführen. Nach Gesprächen mit Premierminister Nikola Gruevski und dem sozialdemokratischen Oppositionsführer Branko Crvenkovski sieht der Deal nun so aus, dass die Opposition ihren Parlamentsboykott beenden und außerdem an den Kommunalwahlen am 24. März teilnehmen wird, die sie ursprünglich ebenfalls boykottieren wollte. Im Gegensatz dazu erklärte sich die Regierung bereit, Gespräche mit der Opposition über einen vorgezogenen Termin für die Parlamentswahlen zu beginnen. Darüber hinaus soll eine öffentliche Debatte zum Thema „demokratische Freiheit“ im Land angestoßen werden.

Die Krise in Mazedonien begann am 24. Dezember des vergangenen Jahres. Zunächst hatten Abgeordnete der Sozialdemokraten versucht, die Verabschiedung des Staatshaushaltes zu verhindern und stattdessen Sparmaßnahmen durchzusetzen. Als die Szenerie sich hochschaukelte, Abgeordnete sich gegenseitig Mikrophone wegnahmen und es zu körperlichen Auseinandersetzungen kam, beförderten Sicherheitskräfte auf Weisung der Regierung die Oppositionsmitglieder aus dem Parlament. Im Anschluss wurde der Staatshaushalt in Abwesenheit der herausgeworfenen Abgeordneten verabschiedet. Seitdem boykottierten die Sozialdemokraten das Parlament und planten selbiges für die kommenden Kommunalwahlen.
 

Slowenien: Atomkraftwerk Krško nach Störung für eine Woche außer Betrieb

Am 25. Februar um 11:36 Uhr hat sich das slowenische Atomkraftwerk Krško nach einer Störung selbstständig abgeschaltet. Der Grund hierfür lag im Versagen des Isolationsventils an der Hauptdampfleitung. Um den Fehler zu beheben, wird das Atomkraftwerk für rund eine Woche vom Netz genommen, da es zuvor abgekühlt werden muss. Die Leitung des AKWs wollte die Isolationsventile im Oktober dieses Jahres überprüfen. Wie das AKW Krško sowie die staatliche Atomschutzbehörde einstimmig berichteten, sei es bei dem Vorfall zu keinerlei Auswirkungen auf die Umwelt gekommen.

Dieser Unfall ist nicht der erste im AKW Krško. Erst im vergangenen Oktober musste es zeitweise vom Netz genommen werden, weil die Kühlung durch Hochwasser nicht gewährleistet werden könnte. Außerdem befindet sich das Atomkraftwerk in einer erdbebengefährdeten Region, wie europäische Stresstests im letzten Jahr gezeigt hatten. Erst vor wenigen Wochen bezeichnete der steirische Nationalratsabgeordnete Gerald Grosz das AKW Krško als „eine permanente Gefahr für Leib und Leben in Österreich, in Kroatien und Slowenien selbst.“

 

UN-Kriegsverbrechertribunal spricht Ex-General aus Serbien frei

Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat in der Berufungsverhandlung den ehemaligen jugoslawischen Generalstabschef Momcilo Perišic freigesprochen und dessen sofortige Freilassung angeordnet. Das Berufungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Schuld des Ex-Generals an den Kriegsverbrechen der serbischen Armee in Sarajevo und Srebrenica „nicht ohne begründete Zweifel bewiesen“ sei.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal hatte den mittlerweile 68-jährigen Perišic am 6. September 2011 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 27 Jahren Haft verurteilt, woraufhin dieser in 17 Punkten Widerspruch gegen das Urteil eingereicht hatte.

In Serbien und der Republika Srpska wurde das jüngste Urteil begrüßt. Die Reaktionen in Kroatien und der Föderation Bosnien und Herzegowina reichte hingegen von Unverständnis bis hin zu Entsetzen. Amir Zukic von der Partei der demokratischen Aktion in Bosnien und Herzegowina sagte, das Revidieren des Urteils sende eine katastrophale Botschaft.

Durch dieses Urteil ist weiterhin kein einziger ranghoher ehemaliger jugoslawischer Verantwortlicher für die in Bosnien begangenen Kriegsverbrechen während der Jugoslawienkriege Anfang der 1990er Jahre rechtskräftig verurteilt worden.

 

Bosnien und Herzegowina: Neue Regierung für die Republika Srpska

Nachdem zunächst nur von einigen Personalwechseln auf Ministerebene die Rede war, wird die Republika Srpska nun eine komplett neue Regierung bekommen. Der bisherige Premierminister Aleksandar Džombic hatte am Mittwoch seinen Rücktritt angeboten, da er nicht mehr die Unterstützung von Präsident Milorad Dodik und seiner Partei Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) spüre. Das neue Regierungsoberhaupt soll die bisherige Ministerin für Wirtschaft und regionale Zusammenarbeit, Željka Cvijanovic (Foto), werden. Die designierte Premierministerin sagte, sie werde ihr Kabinett und ihr Programm bald vorschlagen. Dabei ist es denkbar, dass einige Minister ihren Posten weiterhin behalten dürfen.

Das neue Kabinett muss von der Mehrheit des Parlaments bestätigt werden. Dodiks SNSD hält 37 der 83 Parlamentssitze. Zusammen mit den beiden Koalitionspartnern, welche insgesamt 8 Mandate haben, ist dies die Parlamentsmehrheit, womit der Bestätigung des neuen Kabinetts nicht im Wege stehen dürfte.
 

Rumänien: Gesetzesänderung zum größeren Schutz von korrupten Abgeordneten verfassungswidrig

Das rumänische Verfassungsgericht (VG) hat die Gesetzesnovelle, welche Abgeordneten eine erweiterte Immunität garantieren sollte, für verfassungswidrig erklärt. Damit wurde dem Einspruch der oppositionellen Demokratisch-Liberalen Partei (PD-L) und der Volkspartei Dan Diaconescu (PPDD) stattgegeben.

Die Richter in Bukarest sahen in der Gesetzesnovelle gleich zwei Verletzungen der Verfassung. Zum einen geißelte das VG die Einspruchsfristverlängerung für Abgeordnete von 15 auf 45 Tage, wenn die Nationale Agentur für Integrität (ANI) Klage gegen diese erhebt. Das VG unterstützt damit die Argumentation von PD-L-Vertretern, die in der Fristverlängerung eine „bewusste Erschwerung der Rechtsklagen und Korruptionsverfahren gegen Parlamentarier“ gesehen hatten. Der andere Punkt, welcher gegen die Verfassung verstößt, betreffe Verzögerungen bei Rücktritten von Parlamentariern, deren weitere Amtsausübung als nicht mehr vertretbar gilt.

Artikel 16 der Verfassung besagt, dass „vor dem Gesetz und den Behörden alle Bürger ausnahmslos gleich sind.“ Durch die ursprüngliche Gesetzesnovelle wäre Parlamentariern ein unverhältnismäßiges Privileg zugutegekommen. Das Gesetz wird damit zurück ins Parlament geschickt, damit es überarbeitet wird und letztendlich mit den Vorstellungen des VG übereinstimmt.

Die Regierung Ponta bestätigt mit ihrer Gangart die Befürchtungen, dass sie sich um den Schutz ihrer “Klientel” kümmern und dazu auch das Recht biegen wird.
 

Bosnien und Herzegowina feiert Unabhängigkeitstag

 

Am 1. März 2013 feierte Bosnien und Herzegowina zum 21. Mal seinen Unabhängigkeitstag. Das bosnische und kroatische Mitglied des dreigeteilten Präsidentenamtes des Gesamtstaates feierten den historischen Tag. „Wir dürfen niemals jene vergessen, die ihr Leben gaben, um unsere Freiheit zu verteidigen“, erinnerte das bosnische Staatsoberhaupt Bakir Izetbegovic, während sein kroatischer Amtskollege Željko Komšic für mehr Vertrauen und Kooperation zwischen den verschiedenen Gemeinschaften warb: „Lasst uns erkennen, was wir gemeinsam haben, was wertvoll und menschlich ist.“

Den Feierlichkeiten verweigerten sich wieder die Serben in der Entität Republika Srpska. Der serbische Abgeordnete Slavko Jovicic sagte, dieses Datum brachte „Trauer, Krieg und zehntausende Opfer auf allen Seiten.“

Am 1. März 1992 erklärte sich der direkte Vorläufer der Bundesrepublik Bosnien und Herzegowina, die Republik Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum für unabhängig und löste sich von Jugoslawien ab. Während sich die bosnischen und kroatischen Bürger des Landes für diesen Schritt begeistern konnten, boykottierten damals die bosnischen Serben das Referendum weitläufig.

Zusammengestellt von Cristopher Schulz

 

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