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(c) Pester Lloyd / 35 - 2013   MEDIEN 28.08.2013

 

Postillion der "Nationalwirtschaft"

Regierungs-Institut kaufte unabhängige, ungarische Wirtschaftszeitung auf

Mit der Übernahme der bis dato weitgehend unabhängigen Wirtschaftstageszeitung "Napi Gazdaság" wollen Fidesz-nahe Kreise ihre stetig wachsende Medienmacht weiter ausbauen. Die Wirtschaftsdivision der Századvég-Stiftung, zu der auch ein einschlägig bekanntes Polit- und Meinungsforschungsinstitut gehört, erwarb, im Verbund mit einem nicht näher bennanten "Firmenkonsortium" Mitte des Monats die Mehrheit an der Zeitung.

Die Mittel daraus generierte man elegant aus insgesamt 4,7 Milliarden Forint (rund 15 Mio. EUR) staatliche Zuschüssen der Nationalen Entwicklungsagentur für "Beratungsaufträge", die allein in diesem Jahr die Umsätze der Stiftung ankurbelten. Der Wirtschaftsarm des Institutes, Századvég Gazdaszágkutató, wurde 2010, also im Jahr der Machtübernahme des Fidesz von András Giro-Szász gegründet, der seit 2012 einer von Orbáns Regierungssprechern ist.

Wie bitte? “Keine Wende in Sicht”? - Solche Schlagzeilen wird es in dieser Zeitung wohl nicht mehr geben.

Weitere Mitarbeiter des Institutes sind als enge Berater in Polit- und Wirtschaftsfragen tätig, zum Teil im Range von "Regierungskommissaren", einer Position, die weder im Gesetz über die öffentliche Verwaltung, noch in der Verfassung vorgesehen ist. So ist der heutige Vorstandschef  der Századvég Gazdaszágkutató, Balázs Fürjes, der schon in der ersten Orbán-Regierung diente, heute z.B. "Regierungskommissar für Großinvestitionen im Raum Budapest". Gründungsmitglied der Századvég-Stiftung insgesamt ist ein gewisser István Stumpf, ebenfalls Minister im ersten Orbán-Kabinett und seit 2011 in den Rang eines Verfassungsrichters erhoben.

Verkäufer der nun erworbenen Wirtschaftszeitung, die 1991 gegründet wurde, war die Közép Európai Média és Kiadó (Mitteluroäpische Medien und Verlagsanstalt), im mehrheitlichen Besitz eines ehemaligen OTP-Bank-Vizedirektors, die auch Eigentümer von Index.hu ist, dem führenden unabhängigen und investigativen Online-Newsportal des Landes. Dessen gesunde Weiterexistenz dürfte dem Eigner wichtiger gewesen sein, als das Überleben einer chronisch defizitären Zeitung, die zuvor erfolgreiche Napi Gazdaság musste seit 2010 Umsatzrückgänge von über 10% hinnehmen.

Mit der Übernahme der recht angesehenen Wirtschaftszeitung rundet die regierungsparteinahe Stiftung ihren Machteinfluss weiter ab und baut vor allem die Regierungspartei ihre Medienmacht aus. Bisher hat man sich zwar schon den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, mehrere kleinere private TV- und die führenden Rundfunkkanäle, vor allem aber die Hoheit bei den nah an der Kernzielgruppe arbeitenden örtlichen "Dorfzeitungen" und Lokal-Tv-Sendern unter den Nagel gerissen. In der Fachpresse hatte man bisher wenig bis nichts zu melden. Gleichzeitig nimmt man eine weitere kritische Stimme vom Markt.

 

Századvég betont, dass man die Zeitung "erneuern" (auch Ungarn wird nach Regierungs-PR "erneuert") und eine neue Webseite dafür gestalten will. Als neuen Chefredakteur stellte man gleich einen "senior analyst" des Institutes ein, György Barcza, der sich regelmäßig in der Financial Times zu Wort meldete, um vehement die Fidesz-Wirtschaftspolitik zu verteidigen. Die Napi soll offenbar ein Gegengewicht zu den Marktführern Világgazdaság (Weltwirtschaft, täglich, Springer-Verlag) sowie HVG (führendes ung. Wochenmagazin, vergleichbar mit Spiegel oder Economist, 75% WAZ, 25% Mitarbeiter) und Portfolio.hu bilden und darf sich schon - wie alle regierungsnahen Blätter - auf großzügige Anzeigenaufträge von staatlichen Behörden und staatsnahen Betrieben freuen...

Mehr zur Medienpolitik hier (rechte Spalte)

red. / m.s.

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