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(c) Pester Lloyd / 37 - 2013 NACHRICHTEN 12.09.2013
Hüftlahmes System
OP-Wartelisten in Ungarn auf Rekordhoch, Millionen für Zahnarztpraxen
Die Wartelisten auf Operationen, die "nicht lebensnotwendig" sind, haben sich in Ungarn in den letzten Jahren durch Ärzteschwund und "Gesundheitsreform" dramatisch verlängert. Während EU- und Steuermillionen in den Dentaltourismus gesteckt werden, hilft eine neue EU-Direktive nur hüftlahmen Besserverdienern.
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Mittlerweile hält Ungarn in manchen Bereichen den Europarekord, 70.000 Patienten stehen auf den Wartelisten für "nicht lebensnotwendige" OPs, allein 27.000 warten auf eine Augenbehandlung (grauer Star), für Knie- und Hüftimplantate muss der gemeine Ungar, nach offiziellen Daten des staatlichen Gesundheitsfonds, bis zu viereinhalb Jahre "anstehen". Die Gründe dafür liegen in erster Linie in der massiven und anhaltenden Abwanderung von Ärzten, aber auch in administrativen Umstellungen durch die staatliche Übernahme der Komitatskrankenhäuser, nicht zuletzt auch in Umstellungen durch Maßgaben der zentralen Krankenkasse, dem "Gesundheitsfonds".
Nicht die von der Regierung vielgepriesene nationale Gesundheitsreform, sondern eine EU-Direktive könnte nun endlich für etwas Erleichterung sorgen, zumindest für die Besserverdiener, so es solche auf den Listen gibt. Ab Oktober müssen medizinische Behandlungen in einem anderen Mitgliedsstaat von der heimischen Krankenkasse bezahlt werden, wenn die Wartezeit im Heimatland länger als sechs Monate beträgt. Allerdings gibt es dabei mehrere Haken: die Kosten für Aufenthalt und Reise, evtl. Nachbehandlungen und Therapien sind darin nicht einbegriffen und die heimische Krankenkasse muss auch nur den Betrag erstatten, den die Behandlung im Heimatland gekostet hätte. Eine Zeitung erkundigte sich und fand heraus, dass schon die Behandlung in Polen doppelt so teuer wäre wie jene in Ungarn.
Dazu passt die Meldung, dass die Nationale Entwicklungsagentur bisher rund 3,8 Mrd. Forint, umgerechnet ca. 12,5 Mio. EUR an "EU-Geldern und Staatshilfen" für offenbar selbst nicht lebensfähige Branche des Dentaltourismus ausgereicht hat. 136 Zahnarztpraxen profitieren von den Maßnahmen, die man als "wichtiges Mittel für die Ankurbelung des Tourismus" in Ungarn sieht und die belegen, dass die Lobbyisten der EU wieder ganze Arbeit geleistet haben. Rund 1.500 Hüftoperationen hätte man mit dem Geld auch "ankurbeln" können....
red.
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