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(c) Pester Lloyd / 43 - 2013   KULTUR   23.10.2013

 

Deine Zauber binden wieder...?

Franz Liszt Musikakademie Budapest feierlich wiedereröffnet

Mehr als zwei Jahre war die 138 Jahre alte Franz Liszt Musikakademie in Budapest geschlossen, mit rund 45 Mio. EUR wurde das altehrwürdige Gebäude der Akademie, das den wohl schönsten Konzertsaal des Landes beherbergt, renoviert, ca. 40 Mio. EUR davon stammen aus EU-Quellen. Die feierliche Galaeröffnung am Abend des 22. Oktober 2013, dem 202. Geburstag Liszts, ließ sich die Politprominenz nicht nehmen, allen voran Premier Orbán. Unter den Gästen waren viele prominente Künstler des Landes, auch solche, die sich aus politischen Gründen sonst eher rar machen...

Ein mit dem neuen Aushängeschild sichtlich zufriedener Premier Orbán
mit dem Rektor der Akademie András Batta Fotos: MTI

Mit einem umfassenden und sehr ambitionierten, wenn auch quietsch-konservativen und sehr staatstragendem Konzept werden sowohl die Musikhochschule wie auch der Konzertbetrieb - unter dem Label Liszt-Akademie Konzertzentrum - nun in eine neue Ära starten. Als "national wichtige" Einrichtung eingestuft, darf die seit der Wende finanziell darbende Institution auf ausreichend Mittel aus dem Staatshaushalt hoffen, im Gegenzug wird von der Akademie "nationales Prestige" verlangt und keine Aufmüpfigkeiten. Direktorat und Kuratorium sind entsprechend besetzt.

Weltstars der klassischen Musik und ausländische Studierende sollen nicht nur transnationales Flair an die rot-weiß-grüne Donau bringen, sondern vor allem auch zahlungskräftige Kundschaft anlocken. Schnell wird so die Liszt-Akademie ihren Status als wichtigste Ausbildungsstätte für klassische Musik im Lande bestätigen können und der Große Konzertsaal, dieses Schmuckstück von 1907, eine Jugendstil-Orgie in Gold, als eine der prominentesten Spielstätten endlich wieder regelmäßig im Konzertkalender vertreten sein.

Das Gebäude der Akademie mitten im Kneipenviertel am Liszt-Platz bewohnt die Akademie seit 1907,
davor war ein Palais an der Andrássy das Domizil.

Die nach ihrem Gründer und Förderer benannte Liszt-Akademie war ab 1875 die Studien- und Wirkungsstätte der bedeutendsten Musiker aus Ungarn und wurde vor allem von Béla Bartók, Zoltán Kodály und Leo Weiner geprägt. Sie entstand in den Dekaden nach dem Ausgleich, ebenso wie Nationalphilharmonie und Staatsoper, als vor allem die Eliten einen Drang zur Emanzipation über den Patriotismus verspürten, das österreichische Kaiserhaus und die Geldbörsen der Magnaten finanzierten diese Bemühungen Liszts, mehr noch Erkels um die Förderung einer ungarischen "Nationalmusik".

Neu bestuhlt und aufpoliert, die abgerissenen Vorhänge sind - wenn auch Kult unter Konzertgehern
gewesen - Vergangenheit. Der Große Konzertsaal, herausragende Akustik und Kammersaal-Athmosphäre trotz mehr als 1000 Plätzen.

Praktisch alle namhaften Instrumentalisten, Dirigenten und Opern- wie Konzertsänger ungarischer Provinienz stammen von hier, genannt seien hier nur: Kurtág, Eötvös, Frankl, Ligeti. Auch der große Dirigent Georg Solti, einer der vielen, denen nur das Exil eine Karriere und das Überleben ermöglichten, studierte bei den oben Genannten, ihm, der 1999 wurde heute auf dem Liszt-Platz, in Anwesenheit seiner Witwe (Foto 3), eine Statue enthüllt.

Die feierliche Galaeröffnung am Abend des 22. Oktober 2013, dem 202. Geburstag Liszts, ließ sich die Politprominenz nicht nehmen, allen voran Premier Orbán und mehrere Minister. Unter den Gästen waren auch viele prominente Künstler des Landes, auch solche, die sich aus politischen Gründen sonst derzeit eher rar machen. Die Begeisterung für die Kunst und ihre Förderung führt sie doch einmal wieder zusammen und lässt den "Kulturkampf" für einen Abend ruhen, viel länger wird der Frieden kaum halten. Zu weit ist man von den hehren Worten Schillers in der Ode an die Freude entfernt, wonach die Zauber wieder binden könnten, was die "Mode" streng geteilt...

Die Witwe des großen Dirigenten Georg Solti weiht ein Denkmal für ihren Mann ein.
Dreimal, 1938, 1948 und 1989 hat man ihn aus Ungarn vertrieben.

Ab dem 25. Oktober starten die öffentlich zugänglichen Konzerte, Dirigent und Pianist Zoltán Kocsis eröffnet mit dem Rundfunksinfonieorchester mit Werken von J.S. Bach, Petrassi und Zoltán Jeney, einem ehemaligen Professor der Akademie, dessen 70. Geburtstag der Abend gewidmet sein wird. Ende Oktober werden die Pianisten Dezsö Ránki, Edit Klukon und Fülöp Ránki mit Piano-Recitals an eine große Tradition des Hauses anschließen, die Klavierabende von Bartók, Ernö Dohnányi, Annie Fischer, Svjatoslav Richter und Géza Anda sind legendär.

Eine Orgie in Gold. Hier der Eingang zur Mitte-Links-Loge. Apropos: Ex-Premier Bajnai war auch da.

Highlight im November werden die Konzerte des Budapest Festival Orchesters sein, geleitet von Iván Fischer und beehrt durch die argentinische Starpianistin Martha Agerich (7.-10.11.), danach präsentieren sich auch jüngere ungarische Pianisten dem Publikum. Ende des Monats treten an vier Abenden die Sieger des 2012er Géza Anda Klavierwettbewerbes aus Zürich auf. Neben der Klassik werden auch Jazz- und Folkmusikabende angekündigt, u.a. mit dem Jazzpianisten Brad Mehldau, dem Gitarristen Ferenc Snétberger und dem Weltmusik- und Jazzstar Chick Corea (Mai 2014).

Unvermeidlicher Scherenschnitt, ob Autobahnabschnitt oder Musentempel...

Im Kammersaal, der in den Jahren vor der Renovierung etwas stiefmütterlich behandelt wurde, wird die Kammeroper wieder einziehen, Éva Marton, die sich als Präisdiumsmitglied der zur Hüterin der Staatskunst aufgebauten nationalistischen Akademie der Künste (MMA) in eine günstige Ausgangssituation gebracht hat, führt Regie bei einer Zauberflöte, die vom 6. Dezember an sieben Abenden hier erklingen und gespielt werden wird. Dieses zentrale Werk der Aufklärung eines subversiven Komponisten als Auftakt für die neue Akademie ergäbe viel Sinn, wenn man nicht sicher sein müsste, dass dieser Aspekt unter dem Zauber der "Schönheit" der Musik und der angeblichen Märchenfhaftigkeit der Handlung verborgen bleiben wird. Gesangsabende, Meisterklassen und Streichquartette sowie diverse Workshops werden in dem Kleinod des Kammersaales außerdem angeboten.

Die mehrsprachige Webseite der Liszt-Akademie
http://lfze.hu/

Und die Ticket-Webseite für das Liszt-Akademie Konzertzentrum
http://zeneakademia.jegy.hu/

red.

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