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(c) Pester Lloyd / 42 - 2014 KULTUR 17.10.2014

 

Final Cut: Staatliche Filmstiftung in Ungarn feuert Regisseur wegen "zu wenig Action"

Die von Rambo-Produzent Vajna im Auftrag Orbáns neu aufgestellte staatliche Filmförderung gab dieser Tage eine bittere Kostprobe ihrer “neuen Effizienz”. Weil dem Finanzier und Oberzensor der Regisseur eines Historiendramas zu “künstlerisch” agierte und zu wenig “Action” für die breite Masse lieferte, wurde er einfach gefeuert.

 

Der Filmemacher György Pálfi (Foto) arbeitet bereits seit vier Jahren an einem Filmepos über den mittelalterlichen Ritter und "Held" Miklós Toldi. Frei nach dem dreiteiligen Mammutwerk des Schriftstellers János Arany sollte ein Historiendrama über diese heroisierte Gestalt, über deren Leben es sehr wenig Belege gibt, entstehen. Natürlich im Pálfi-Stil, dem auch das Groteske, Satirische und künstlerisch Überraschende nicht fremd ist.

Alte ungarische Helden, das ist normalerweise der Stoff, bei dem die von Hollywood-Produzent Andrew Vajna (Rambo, Stirb langsam, Terminator etc.) installierte Nationale Filmstiftung gerne anspringt, weil das "Nationale" genauso wie das "Heroische" angesprochen wird, also "die Message stimmt", wie der Oberzensor zu sagen pflegte. Diese Arbeitsweise sorgte z.B. dafür, dass man im Vorjahr nur eine handvoll Projekte förderte und das anerkannteste Filmfestival des Landes erstmals in seiner jahrzehtenlangen Geschichte abgesagt werden musste, - in Ermangelung neuer Filme.

Nun, das Budget für das Toldi-Filmprojekt beträgt 2,5 Milliarden Forint, mehr als 8 Mio. EUR, für ungarische Verhältnisse ist das gigantisch, knapp 3 Mio. EUR davon stellte die staatliche Filmstiftung zur Verfügung, daraufhin sprangen auch andere Finanziers auf und Pálfi begann mit dem Dreh. Allerdings musste der in der Szene nicht unbekannte und u.a. mit dem Fassbinder-Preis und einer Oscar-Nominierung geehrte Regisseur dafür einen der berüchtigten Vajna-Knebelverträge unterzeichnen, der den staatlichen Zensoren u.a. "das Recht des letzten Schnitts", also Einfluss auf die endgültige Version einräumt (
mehr dazu hier), ebenso die Teilabtretung der Vermarktungs- und sogar Urheberrechte und eine ganze Reihe weiterer Bedingungen wie "konzeptioneller Werthaltigkeitsprüfungen" etc. enthält. Ja, sie kann den Regisseur, sollte "Gefahr" für die öffentlichen Mittel bestehen, sogar feuern.

Andrew G. Vajna (rechts) bei einem Gala-Auftritt in Budapest.

 

Genau das tat das Controlling-Komitee der Filmstiftung per 15. Oktober. Die Zusammenarbeit mit Pálfi sei beendet, denn er liege nicht im Zeitplan, was "unverantwortbar" sei, heißt es offiziell. Doch Pálfi erklärte den Medien sehr schnell, worum es eigentlich ging. Schon 2013, zum Drehbeginn, monierte Vajna, dass der Film ihm zu "künstlerisch" sei und einfach "mehr Action" brauche. Einwände künstlerischer Entfaltung und Freiheit ließ er nicht gelten, sondern herrschte den Filmemacher an, dass wir hier nicht für eine kleine Gruppe von spinnerten Bohemièmens Filme machen, sondern "einen Zugang für breite Zuschauergruppen", Nebensatz: "und einen internationalen Markt" haben wollen.

Ob und wie der Film nun zu Ende geführt wird, wie die Ko-Finanziers reagieren und welche Konsequenzen der Ex-Regisseur zu erwarten hat, ist noch offen. Vielleicht macht Rambo-Vajna den Film ja selber fertig, dann ist wenigstens die "Action" garantiert. Allerdings dürfte er dafür kaum Zeit haben, denn
die vielen Casinolizenzen, die ihm Orbán aus Dank für seine Tätigkeit zum Ruhme des ungarischen Films überlassen hat, bezahlen sich schließlich auch nicht von alleine...

red.

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