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(c) Pester Lloyd / 43 - 2014 POLITIK 19.10.2014

 

Ungarische Außenhandelsbank MKB wurde zu Orbáns "Hausbank", Geheimverhandlungen zu Forex-Umtausch

Die Ungarische Außenhandelsbank, MKB, die der ungarische Staat Ende Juli von der Bayern LB abgekauft hatte, wurde über Nacht quasi zur Hausbank des Ministerpräsidenten gemacht. Ursprünglich übernahm das Nationale Entwicklungsministerium das tief in den roten Zahlen hängende Kreditinstitut, was schon ungewöhnlich war, da solche Strukturen sonst der Nationalen Entwicklungsbank, MFB bzw. dem Vermögensverwaltungsamt zur Verwaltung zugeschlagen werden. Entwicklungsminister Szeszták ließ am Freitag per Dekret die Eigentümer- und Managementrechte zunächst bis 2018 direkt an das Amt des Ministerpräsidenten übertragen. Der Beschluss wurde um 18.30 Uhr im Amtsblatt Magyar Közlöny verkündet und trat um 19 Uhr in Kraft.

 

Ungarn hatte die Bank für 55 Mio. EUR erworben, allerdings mit der Auflage, dass die Bayern bis zur Wirksamkeit 270 Mio. EUR an Schulden durch einen Kapitalzuschuss ausgleichen. Auch die MKB war durch ausfallende Forex-Kredite und im Zuge der Lehmankrise notleidende Immobilienprojekte ins Trudeln geraten. Die BayernLB stieß sie vor allem ab, um EU-Auflagen für die Aufnahme von Staatskapital in Deutschland zu erfüllen.

Für Finanzminister Varga stellt die MKB-Übernahme den "ersten Schritt zur Konsolidierung des ungarischen Bankensystems" dar, das nach Vorgabe von Premier Orbán, zu mindestens 50% in ungarischer Hand sein und demnächst das "gerechteste in Europa" werden soll. Im Falle der Genossenschafts-Holding Takarékbank demonstrierte die Regierung bereits ihre Auffassung von "Gerechtigkeit". Per Gesetz wurden die Mitspracherechte und Aktiva von über einhundert (also fast allen) Spargenossenschaften des Landes unter die Obhut der Takarékbank gestellt. Als die Spargenossenschaften durch die Zwangsvereinigung dort die Mehrheit inne hatten, erhöhte der Staat über die Magyar Posta und eine Gesetzesänderung einseitig seinen Anteil, entmachtete damit die Eigner und privatisierte die Mehrheit am umgemodelten Institut binnen weniger Wochen zurück an das Fidesz-treue Management der Bank. Dieses ist nun in der Lage, die Vergabe von Krediten aus den Einlagen der Genossenschaftssparer entsprechend zu steuern und den "richtigen" zukommen zu lassen.

Ein ähnliches Schicksal, so warnen Experten, stehe nun der MKB bevor. Der allmächtige Amtschef des Premiers, János Lázár hat nun Zugriff auf alle Mittel der Bank und ist in der Position, lohnende Projekte und Geschäftsteile auszugliedern, bevor das Institut reprivatisiert oder zu einer staatlichen Kreditvergabestelle umgearbeitet wird. Das Risiko für Missmanagement und weitere Verluste der Bank liegt allein beim Steuerzahler.

Im Zuge der Forex-Gesetzgebung ist davon auszugehen, dass vier bis fünf mittlere und größere Bankenplayer den ungarischen Markt verlassen oder ebenfalls zu günstigen Preisen an den Staat bzw. die Partei gehen werden.

 

In der Vorwoche wurde bekannt, dass sich Orbán persönlich zum zweiten Male binnen Kurzem mit dem Vorstandschef der österreichischen Erste Gruppe, Andreas Treichl, zu "Geheimgesprächen" getroffen hat so wie zuvor schon mit Vertretern der Raiffeisen. Dabei soll es um das Ausloten einer "Schmerzgrenze" beim anstehenden Forex-Zwangsumtausch gehen, aber auch um die Frage eines denkbaren und von Orbán gewollten Ausstiegs der Österreicher. Der ungarische Bankenmarkt wird gerade durch ein retroaktiv wirkendes Gesetz zu einseitigen Vertragsänderungen mit rund 3 Milliarden Euro belastet. Ein entsprechender Wechselkurs bei der anstehenden generellen Umtauschaktion für Forex-Kredite sollte die Institute dann endgültig strurmreif schießen. Gleichzeitig soll es ein neues Bankengesetz geben.

Während die Regierung ihre Aktion als "zum Wohle des Volkes" gerichtet verkauft, weil die Forex-Schuldner dadurch bis zu 25% ihrer Schulden erlassen bekommen könnten, warnen Finanzexperten vor einer Mogelpackung. Zwar könnten durch einen gesetzlichen Wechselkurs die Kreditsummen schmelzen, da im Anschluss aber die - deutlich höheren - Zinsen auf Forintkredite fällig werden, dürfte sich am Ende für die Schuldner kaum eine Einsparung ergeben.

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red.

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