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(c) Pester Lloyd / 04 - 2015   NACHRICHTEN   22.01.2015

 

Abgezweigt: Ungarische Nationalbank stockt Stiftungen auf 800 Mio. EUR auf

Wie berichtet, hat die MNB vor einigen Monaten unter dem allegorischen Dach der "Pallas Athena" sechs Stiftungen zu diversen Schulungs- und Forschungszwecken gegründet und fürstlich mit umgerechnet 600 Mio. Euro öffentlicher Mittel, nämlich Gewinne der Nationalbank, ausgestattet.

Primäres Ziel sei die Bekämpfung "neoliberaler Irrlehren" und die Promotion der "unorthodoxen Wirtschafts- und Finanzpolitik" der Orbán-Regierung, auf die MNB-Chef Matolcsy so stolz zu sein scheint, dass er sie als europaweites Modell verbreiten, zumindest als ungarisches Standardmodell zementieren will.

Doch offenbar genügt diese - nicht nur für ungarische Verhältnisse - Unsumme noch nicht, um alle Begehrlichkeiten hinsichtlich notwendiger Edelimmobilien, Vermittlungsprovisionen, Stipendien, Studien, Honorare, Direktoratsposten etc. pp. zu decken, denn jetzt wurde bekannt, dass die MNB sich aus dem 2014er Bilanzgewinn, der im wesentlichen aus dem Forex-Umtauschgesetz resultierte, also in Wahrheit aus den Geschäftsbanken gezogen wurde, eitere 62 Mrd. Forint, also rund 190 EUR in die hauseigenen Stiftungen buchte, deren Kapitalstamm somit auf fast 800 Mio. EUR anwächst.

Gleichzeitig wurde eine weitere Stiftung mit klangvollem Namen gegründet, die Domus Innovationis, die zwar wörtlich Haus der Einfälle zu übersetzen wäre, als Mausoleum des Einfältigen den Kern der Idee besser träfe. Denn niemand hat an der ungarischen Währung seit 2010 allein durch seine "Einfälle" mehr Schaden angerichtet als György Matolcsy, zunächst als Nationalwirtschaftsminister, nun als MNB-Gouverneur sozusagen direkt an der Quelle.

Matolcsy, der bei seinen umfangreichen Erwerbungen außerhalb des Kerngeschäftes (wie berichtet auch ein Schlosshotel, mehrere überteurte Büroimmobilien, die über off-shore-Konstrukte erworben wurden, eine Meistergeige und ein Dutzend Alte Meister), agiert dabei ohne Aufsicht, denn einen ordentlichen und laut Satzung vorgesehenen Aufsichtsrat gibt es wegen personeller Ernennungsverzögerungen seit langem nicht. Dennoch ist er nicht gewillt, sich kontrollieren zu lassen, denn das verbiete die verfassungsmäßige "Unabhängigkeit der Zentralbank". Die Maßnahmen dienten der "Wertsteigerung" - basta. Zu diesem Zwecke habe man die Gewinne auch für schlechte Zeiten in die "Gewinnreserve" geparkt, log man vor, wo doch die Umbuchung in die Stiftungen längst durch hauseigene Mitteilungen bekannt geworden war.

 

Jede Kritik an dem Handling des Volksvermögens wird als "unverschämter Angriff" auf die "Unabhängigkeit" (gemeint eigentlich jene von der Regierung) gewertet und mit Klagen geahndet. Gestern ging man sogar auf das eigentlich regierunsfreundliche News-Fernsehen Hír TV los, das es wagte, anzumerken, dass die Profite der MNB eigentlich der Staatskasse zufließen müssten und das Stiftungsvermögen allein die Staatsschuld um 1 einen ganzen Prozentpunkt verringern könnte.

Rechnet man die Dimension der oben aufgeführten Geschäftsfelder außerhalb des Kernaufgabengebietes auf die Deutsche Bundesbank um, müsste diese Stiftungen mit einem Kapital in Höhe von rund 7 Mrd. EUR nach Einwohnern und 20 Mrd. EUR nach der Bilanzsumme betreiben. Die Bundesbank betreibt im Bereich der öffentlichen Aufklärung eine Stiftung "Geld und Währung", mit Geldmitteln im einstelligen Millionenbereich.

red.

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